Frankreich:
Das About-Picard-Gesetz
Die letzten anderthalb Jahre über hatte eine Splittergruppe anti-religiöser Politiker eine Lobby für ein Gesetz gebildet, welches den Staat ermächtigen würde, religiöse und spirituelle Gruppen für ungesetzlich zu erklären und aufzulösen. Diese repressive Gesetzgebung, bekannt als das About-Picard-Gesetz, ist nach dessen Verfassern benannt: dem Senator Nicolas About und dem Mitglied der Nationalversammlung Catherine Picard. Das Gesetz wurde nun (30.5.2001)sowohl vom Senat als auch von der Nationalversammlung verabschiedet.
Das Gesetz ermächtigt ein Gericht, jegliche Gruppe aufzulösen, wenn sie oder einer ihrer Führungskräfte mehr als einmal einer Straftat für schuldig befunden wurden. Es sieht die Auflösung jeder angeschlossenen Gruppe vor, wenn eine Führungskraft dieser angeschlossenen Gruppe wenigstens einmal verurteilt wurde. (Bemerkung: Das Gesetz erlaubt es der Regierung auch zu entscheiden, wer eine Führungskraft einer Gruppe ist.) Es sieht auch Geld- und Gefängnisstrafen vor, sobald irgend ein Versuch unternommen würde, eine aufgelöste Gruppe unter anderem Namen oder Unternehmen neu zu gründen.
Es schafft auch eine neue Straftat: "Das Ausüben von Druck oder Techniken um das Urteilsvermögen zu ändern" - eine Beschreibung, die wirklich auf jegliche Organisation angewandt werden könnte, welche mit Anschauungs- oder Glaubensfragen befasst ist, sogar auf Werbung, Wertpapierhandel, Unterhaltung.
Das Gesetz zielt auf eine schwarze Liste von 172 religiösen und spirituellen Gruppen in Frankreich ab. Die Liste wurde 1996 durch eine parlamentarische Kommission veröffentlicht. Die Kommission charakterisierte Mormonen, Sieben-Tage-Adventisten, eine Baptisten-Schule und Jehovas Zeugen als "Sekten".
Laut Propaganda von Seiten der Befürworter des Gesetzes soll das Gesetz die Schwachen und Hilflosen vor Ausbeutung schützen. Tatsächlich wäre es nach diesem Gesetz illegal, wenn Kirchen jenen weiterhin helfen würden, denen sie traditionellerweise geholfen haben, d.h. den Leidenden und Verzweifelten. Indem sie solchen Menschen hilft, liefe per diesem Gesetz jede Kirche Gefahr, sich einer Straftat schuldig zu machen und geschlossen zu werden. Ein anderes Beispiel wäre die Tradition vieler Religionen zu predigen, dass Menschen ihrem Weg folgen sollten, da sie ansonsten in alle Ewigkeit verdammt würden. Unter diesem neuen Gesetz wären solche Aussagen - eigentlich jeder Versuch der überzeugenden Bekehrung - strafbar.
Einer der Unterstützer dieses Gesetzes erklärte vor dem Senat sogar, dass es das Ziel sei, Minderheitenreligionen auf einen Streich aufzulösen, weil sie so geschickt darin seien, Gerichtsverfahren zu ihrer Verteidigung zu nützen. Nachdem das Gesetz am 30.Mai 2001 von der Nationalversammlung verabschiedet worden war, trat dessen Mitverfasser About vor die Presse und sagte, so berichtet Reuters, dass es auf Gruppen der "spirituellen, ethnischen und philosophischen Art" abziele. Mit anderen Worten, Minoritäten, ob rassisch, religiös oder philosophisch, können als sektenähnlich bezeichnet und bedroht werden.
Unter den Gruppen, die sich gegen das Gesetz ausgesprochen haben, sind: die Katholischen, Evangelischen, Jüdischen und Islamischen Führer Frankreichs, das amerikanische Außenamt, die Internationale Helsinki-Föderation, Menschenrechte ohne Grenzen, der Europarat (welcher das Gesetz und die religiöse Diskriminierung in Frankreich untersucht), die Internationale Gemeinschaft der Christen und Juden, das U.S. International House Relations Committee, Omnium des Libertés (französische Menschenrechtsgruppe) und das Center for the Study of New Religions (CESNUR). Auf der anderen Seite wird Frankreich von totalitären Regimen wie China als Vorbild für den Umgang mit religiösen Minderheiten gesehen. Die französischen Regierungsbeamten, die hinter diesem Gesetz stehen, haben ihre Aktionen zur Bekämpfung von Religionen mit chinesischen Beamten besprochen. Die von China unterstützte Regierung Hongkongs hat eben angekündigt, das französische Gesetz zu übernehmen um die Falun-Gong-Gruppe zu verbieten.
Kritische Stimmen:
Kommentare aus aller Welt |
Internationale Helsinki Föderation für Menschenrechte (IHF): 15.6.2000 Offener Brief an die französische Regierung (französisch) |
Frankreich Updates (CESNUR): |
Daumenschrauben für Sekten in Frankreich bereiten nun auch etablierten Religionen Sorge (Die Presse). |
Neues Gesetz zielt darauf ab, zahlreiche religiöse Gruppen zu verbannen |
Papst Johannes Paul II. ermahnt zur Wachsamkeit. |
Washington Times: French proposal targets 'proselytizing' - 28.6.2000 |
Präsident der französischen Protestanten gegen "Sektengesetze" APD (Freikirchlicher Pressedienst) 05.07.2000/APD |
Paris, 15.07.2000/APD/CD Anti-Sect Bill Could Hinder Religious Freedom - Religious Minorities Can Be Accused Of "Mental Manipulation" APD (Adventist Press Service) |