FOREF Kommentar:

 

NÖ-Landtag nennt Jugendkongress "Sucht & Sekten"


 

30.November 2005

  

 Essentielle Themen wurden im niederösterreichischen Jugendkongresses behandelt. Wichtige Beschlüsse wurden gemacht.

 
Leider gibt es auch unerfreuliche Begleiterscheinungen durch diese eigentlich so wichtige Veranstaltung: Religiöse Minderheiten werden hier abwertend als "Sekten" bezeichnet und gleichzeitig mit Sucht und Drogen in einem Atemzug genannt.
Mitglieder diverser Religionsgemeinschaften fühlen sich betroffen und sind empört über diese Pauschalierung seitens der Landespolitiker. Sie befürchten dadurch eine zunehmende Atmosphäre der Apartheid und Gefährdung des sozialen Friedens in unseren Schulen.

Niemand unter den Kommunalpolitikern würde heute noch die Begriffe "Tschuschen" oder "Neger" verwenden. Es sollte jedoch klar sein, das "Sekte" heutzutage ein noch viel schlimmeres Schimpfwort darstellt, als die beiden oben genannten  Begriffe. Deshalb hat auch die deutsche Bundesregierung schon seit mehr als drei Jahren vom Gebrauch des negativ belasteten Sektenbegriffs Abstand genommen.

 

Die oft von den "Sekten-Experten" behauptete Annahme, von den kleinen Religionsgemeinschaften gehe ein spezielles Konfliktpotential aus, beruht nicht auf empirischen Tatsachen. Dies wurde von Seiten des Bundeskriminalamtes der FOREF- Redaktion wiederholt bestätigt. Seit mehreren Jahren wurden keinerlei Straftaten seitens der “Sekten“ gemeldet. Von Satanisten hingegen gab es hin und wieder Gesetzesübertretungen. Extrem irreführend ist, dass unsere Volksvertreter im NÖ-Landtag religiöse Vereinigungen mit dem Sektenbegriff stigmatisieren und mit Sucht in Verbindung bringen.

Sicher könnte die große Mehrheit der Mitglieder sog. “Sekten“ dem Appell des Jugendkongress gegen Sucht und Drogenmissbrauch vollherzig zustimmen. Gerade in religiösen Minderheiten findet man häufig Aktivisten, die auf diese Übel aufmerksam machen. Deshalb ist es besonders unfair, alle kleinen religiösen Gruppierungen pauschal zu verurteilen.
 

Dass es ein paar schwarze Schafe unter den über 500 religiösen Gruppen gibt, ist möglich. Solche gibt es auch in den Großkirchen, was in St. Pölten ja bekannt sein dürfte. Man darf sich aber keinesfalls dazu verleiten lassen, zahlreiche unschuldige Familien abzustempeln, nur weil sie einer anderen Glaubensrichtung angehören; auch wenn diese nicht vom Staat anerkannt ist.

 

Die negative Signalwirkung des Titels "Sucht und Sekten" darf nicht unterschätzt werden.

Zunehmend beklagen sich Kinder und Eltern aus religiösen Minderheiten über Diskriminierung  und sogar Verhetzung die an unseren Schulen durch den gängigen "Sektenunterricht" betrieben wird. Diese betroffenen Familien werden nie  von unseren Politikern angehört. Sie haben keine Stimme.

Prof. Dr. Christian Brünner, Verfassungsexperte und Präsident von FOREF Europa übt heftige Kritik an der "Sektenaufklärung", wie sie von den Großkirchen mit Unterstützung staatlicher Einrichtungen betrieben wird und sieht darin eine akute Gefährdung unseres Rechtstaates.

Öffentliche Institutionen, wie Regierungseinrichtungen, Schulen etc., die ja speziell an das Grundgesetz gebunden sind, sollten sich niemals dazu verleiten lassen das Gleichheitsprinzip und die Freiheitsrechte (insbesondere die Religionsfreiheit) als fundamentale Säulen unseres Rechtsstaates zu untergraben. Ist es nicht ihr Auftrag unsere in der Verfassung verankerten Grundrechte zu beschützen und sogar zu fördern?

 

Es grüßt Sie mit vorzüglicher Hochachtung,

 

Peter Zöhrer

Generalsekretär - FOREF (Forum Religionsfreiheit)

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Lesen Sie zum Thema "Sektenunterricht":

"Sektenaufklärung" an österreichischen Schulen: Erfahrung und Appell eines Betroffenen

"Wir Jugendliche, die Suche nach dem Sinn und der um uns  besorgte Staat (Kirche)"
 Wie ein 16 jähriger BRG Schüler die Diskrepanz zwischen Toleranzerziehung und "Sektenunterricht" erlebt und beurteilt.

Themenverwandte Links:

OSZE Konferenz:
Lob und Tadel für Österreich: Lob für Toleranzerziehung und der Überwindung des Antisemitismus. Tadel an der staatlich geförderten Diskriminierung religiöser Minderheiten (APA-OTS).

OSZE-FOREF:
 
Analyse & Empfehlungen für Österreich (pdf-file)

www.sekten.at:
Aktuelles über die "Sektendiskussion" und diverse Links zu kleinen Religionsgemeinschaften.

Wichtige Erkenntnisse der Enquete Kommission "Sogenannte Sekten und Psychogruppen" (Endbericht - Deutsche Bundesregierung)


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