Prof. Peter Stöger
Eingegrenzt und ausgegrenzt. Tirol und das Fremde.

Zum historischen Umgang mit dem Anderen am Beispiel von Weltanschauungen und Religionen
Anlässlich der Fachtagung vom 6.-8. Nov. 2003 im Innsbrucker Landhaus:
"So genannte Sekten, Kulte und Religionsgemeinschaften in Tirol"
http://www.kult-co-tirol.at/text/anal_f01_08.htm


(I)

Eigenes - Fremdes ist das durchgehende Thema. Es war vor 450 Jahren, als Heinrich Isaac, Komponist am Kaiserlichen Hofe Maximilians in Innsbruck, Hofkapellmeister, ein Lied vertont hat. Ein Abschiedslied (zit. in: Hermann Holzmann, o.J. <1962>, S. 46):


"Ynnsbrugg - ich muess dich lassen,
Ich fahr dahin mein strassen,
In frembde land dahin.
Mein freud ist mir genommen,
die ich nit kann bekommen
wo ich im elend bin..."


Im Elend... Die Fremde lässt Verschiedenes anklingen: Abenteuerliches, Ängstliches, Wehmütiges. Sie steht für Ersehntes gleichermaßen wie für Feindesland, für Erhofftes genauso wie für das, was Angst macht. Jemanden in die Fremde stoßen hieß jemanden "ins Elend stoßen" (vgl. a. Hermann Holzmann, 1966, S. 77 ff.).

Sobald der Mensch aus der Heimat herausfiel, war er ein "Elender". So hieß das Wort für einen Fremden im Mittelalter. Der Fremde, der Elende: Randständig, behindert gemacht, kulturell different. „Elend“ hat eine althochdeutsche Wurzel: eli-lenti. Das bedeutete „ausgewiesen“ aus dem Frieden (der angeborenen Rechtsgenossenschaft). Insbesondere im Altsächsischen taucht es auf als „Ausland“, als „Verbannung“, beziehungsweise als „Not“. Diese Bedeutungen waren im Sprachverständnis der Zeit, aus dem das Innsbrucklied stammt, noch lebendig. Eli-lanti bzw. „ali-lanti“, das „andere Land“, das Aus-land: Different, das alles scheint im Gegensatz zu Heimat, zu ebengebürtig zu stehen. In diesem anderen Land sind alle nicht Glatt, nicht Eben-, sondern Schiefgebürtigen, alle die sich „elendiglich fühlen“ oder sich so zu fühlen haben.

Im Elend waren zum Beispiel die Aussätzigen, die klassische Randgruppe aller Randgruppen, die in das Sondersiechenhaus in St. Nikolaus in Innsbruck gelangten. Im 15. Jahrhundert gab es in Brixen eine Diözesansynode, die, so Spielmann, einer Kommission anordnete, „jeden Leproseverdächtigen daraufhin zu untersuchen (...), ob er wirklich an Aussatz erkrankt war, um vorgekommene Missbräuche, unliebsame Verwandte loszuwerden, auszuschließen“ (Spielmann, 1986, S. 11). Das Beispiel zeigt, dass der Mechanismus, Unliebsame, auszugrenzen, sie aus-zusetzen, „in die Fremde“ zu schicken, auch wenn diese geographisch sehr nahe verbleibt, seit langen Zeiten praktiziert wird. Der Fremde kann der engste Verwandte sein. Unbequem heißt in diesem Sinne „aussätzig“ sein, „randständig“ sein.

Dieses Thema betrifft Behinderte, Randgruppen, betrifft die (kulturelle, religiöse medizinische etc.) Differenz im Kern.

1996 gab es die Ausstellung „Innsbruck, ich muß Dich lassen... Jüdisches Alltagsleben in Innsbruck bis zur Vertreibung 1938“ (s. Achrainer/Hofinger, 1996 b). Der Fremde kann also allernächst sein. Hier in Tirol - und anderswo. Er muss nur fern genug sein, dann kann es auch der Nachbar sein. Fremd in der Heimat zu sein, in der Fremde Heimat zu suchen, das begegnet uns als ein uraltes Thema von Erinnerung, Erinnerungsnot und Erinnerungsnot-wende.

„Wer konnte, verließ nach dem März 1938 so schnell wie möglich Tirol (...)“, notiert Gad Hugo Sella. Er, der das Am-Rande-Stehen erfahren hat, schreibt in seinem in Tel Aviv erschienen Buch: „‘Innsbruck, ich muss Dich lassen (...) wurde bittere Wirklichkeit“ (1979, S. 37, Hervorh. PS).


(II)

Also sie mussten die Heimat verlassen und immer wieder kommt dieses Thema in vielen Wendungen vor. „Heimat“ stellt in der erziehungswissenschaftlichen Literatur heute keinen Modebegriff dar. Sie wird oft als ein Wort verdächtigt der politischen Verführbarkeit und ein bisschen argwöhnisch betrachtet. Und tatsächlich steht dieses Wort ziemlich zerzaust da und die Geschichte des Missbrauchs ist sehr, sehr lange. So lange, dass Heimat manchen nicht so richtig schmecken will. Aber wenn wir alle Wörter aus dem Sprachschatz heraus streichen, die schon einmal missbraucht worden sind, dann würden wir schnell einmal sprachlos da stehen. Die Zuneigung zur Heimat als einem Territorium der Seele, z.B. zu einer Kulturgemeinschaft, zu einer Sprachgemeinschaft, zu einer Religionsgemeinschaft, zu einer Schicksalsgemeinschaft, ist auch ein Reflex von Zeitumständen. Und die Heimat mögen, was immer sie sei - wer kann denn das für jemanden interpretieren? - ist ein sehr reines und durchaus kristallklares Gefühl, so lange das Gefühl von Mitmenschen, die in meinem Heimatland auch ein ihres sehen, z.B. Italiener der 3. Generation in Bozen, für die eben Südtirol Heimat geworden ist, nicht verletzt ist.

In die Fremde zogen sie, die Tiroler, aus der Fremde, wo auch Heimat ist kommen und kamen sie, die anderen, die Fremden, die „Zuagroasten“ usw., die Kesselflicker, die Trentiner, Bauarbeiter bei der Arlberg Bahn, beim Bau der Brenner Bahn, die Gastarbeiter, die Flüchtlinge, bis in unsere Zeit herauf. Und kaum vorstellbar, dass sogar ein Tiroler Landesherzog einmal ein politischer Flüchtling gewesen ist, aus religiösen Gründen. Er hat Johannes XXIII, der für ungültig erklärt wurde, darum konnte der Vorgänger von Paul VI sich Johannes XXIII. Nennen.

Dann gibt es jene Tiroler, die, weil protestantisch oder jüdisch oder aus ihrem Land vertrieben, auch ausgesetzt waren. Vergessen fast, wie viele Tiroler außerhalb der Heimat ihr Wohl und ihr Heil haben suchen müssen, die Auswanderer nach Übersee, die Wanderhändler, die Vogelhändler - das war nicht so romantisch wie in der gleichnamigen Operette – die Auspendler, die Saisonarbeiter, also alle diese. Heimlich und heimelig und unheimelig heimlich, das liegt so nahe beisammen.
Ingrid Strobl schreibt davon in ihrem Buch „Anna und das Anderle“ (1995). Anna ist sie selber und Anderle ist das Anderle von Rinn. Diejenigen, die mit Tirol nicht so vertraut sind – Anderle von Rinn ist eine Ritualmord-Legende an einem fiktiven Kind, Andreas Ochsner aus Rinn in der Nähe von Innsbruck. Sie schreibt:: „Ich bin in Innsbruck in das Gasthaus gegangen, das neben dem Haus steht, in dem ich meine Kindheit verbrachte. Das Wetter war schön, die Sonne schien, die Rosen im Gastgarten haben geduftet, es redeten um mich herum alle Tirolerisch. Ich habe eine Saure Wurst bestellt bei der Kellnerin, und sie hat mich verstanden, natürlich. Eine Saure Wurst, das sind dünn geschnittene Scheiben Fleischwurst in Essig und Öl mit vielen Zwiebelringen darauf. Ein Armeleuteessen, ein Sommeressen, nichts Besonderes an sich, für mich aber schon. Ich habe da also gesessen, in der Sonne, vor den duftenden Rosen, und war einen Moment lang glücklich. Es war ein seltsames Glück, denn ich wußte, es war nicht von Dauer, ein Glück auf Abruf. Ich kann mich, das habe ich mehr gespürt als erkannt in diesem Moment im Gasthausgarten in Innsbruck, wohl und aufgehoben fühlen, wenn ich zu Füßen meiner geliebten Berge eine vertraute Mahlzeit esse und die Menschen um mich herum die Sprache der Kindheit sprechen; sobald aber einer in dieser Sprache Scheißtschuschn sagt oder Saujud, wird das Vertraute mir fremd, die Liebe zum Hass, das Glück zum Fluch“ (Strobl, 1995, S. 80).

Die Auseinandersetzung mit dem Eigenen und dem Fremden lehrt uns zu erkennen, dass auch wir für viele die Anderen sind. Wenn wir die Einen oder Anderen nicht verstehen, so sei klar, dass auch ihnen über uns nicht alles klar sein wird und sie vielleicht über uns den Kopf schütteln können. Für einen mexikanischen Freund z.B., der erstmals zu uns nach Tirol gekommen ist, war völlig unverständlich zu sehen, wie man an einer langen Schnur einen Hund spazieren führt. Die Auseinandersetzung berührt zutiefst das Gefälle zwischen Heimat und Fremde und für viele ist das ein Widerspruch. Eine Studentin schrieb mir eine besondere Passage zum Thema „Welt-anschau’n im Ötztal“. „Ich beobachte“, so schreibt sie, „das Gefälle von Heimat hin zur Fremde und dieses Gefälle kann rasant abwärts gehen und schon im nächsten Umkreis beginnen. Es kann einem schon passieren, dass man in Pradl als Wiltenerin von auswärts kommt. Im Ötztal, wo ich Freunde habe, gibt es diese Zentrumsangst gegenüber Innsbruck, durchsetzt mit Klischees und Vorurteilen, die einem Staunen machen können. An einer Aufstiegsspur auf Skitouren erkennen die Ötztaler die Innsbrucker. Den Ötzern selbst ist alles, was ins Tal hineinführt, den Orten, die hinausziehen, nahezu außen liegen, vorzuziehen. Und ich, der ich aus Innsbruck bin, sage in den Tälern zum Abschied ein holpriges ‚Pfiat Enk’, obwohl ich sonst immer ‚Ciao’ sage, weil dort will ich dazu gehören“ (D. K. <1995>).

Heimsuchen und Heimsucht – eine alte Verbindung von so vielen wurden Tiroler heim gesucht und so manche Heimsuchung erfuhren Fremde in Tirol. Wenn wir in uns gehen werden wir entdecken, dass viele schon die Situation einer Migration erlebt haben. Ich denke z.B. an ein Kind, das Zeuge Jehovas ist und es nicht so angenehm hat in der Schule. Also so manches Kind hat die Situation Migrant zu sein schon seelisch erlebt. Und eine Migration kann ja vielleicht geographisch, wirtschaftlich, seelisch, religiös, etc. bestimmt sein.

Ingrid Strobl, ich komme auf dieses Buch zurück, schreibt: „Ein Bekannter in Innsbruck hat mir erklärt, was soll ich in Israel, ich bin doch, trotz allem, ein sturer Tiroler, ein Tiroler Jude, und ob es so etwas gibt, einen Tiroler Juden, das bestimme ich selbst, das ist meine Entscheidung, da soll bloß keiner versuchen, mir dreinzureden. Er steht mit seiner Haltung ziemlich allein und auf verlorenem Posten, und doch hat er recht damit, daß die Entscheidung bei ihm liegt und keiner das Recht hat, sie ihm abzusprechen“ (1995, S. 79 f). Es erinnert ein wenig auch an jene Tiroler und Tirolerinnen, die - braunhäutig - von Marokkanern abstammen, die als französische Besatzungssoldaten zwischen 1945 und 1955 in Tirol Dienst gemacht haben... . Heute sind sie zwischen 43 und 53 Jahre alt. Keine Tiroler? Hat jemand bessere Chancen, Tiroler zu sein, dessen Vater damals als weißhäutiger deutschsprachiger, katholischer Elsässer als französischer Besatzungssoldat diente? Oder einer, dessen schwedischer Vater in Mayrhofen Schiurlaub machte...?
 


(III)

Die Auseinandersetzung mit dem Fremden und mit der Fremde wird unweigerlich zu einer Auseinandersetzung mit dem Thema Toleranz und dazu gibt es eine Tiroler Geschichte:

Obwohl das Wort Toleranz ein durchaus allgemein gebräuchliches Wort ist, so ist es doch als Name für eine Gaststätte etwas Ungewöhnliches. Dieser Name hängt mit den Zillertaler Protestanten zusammen. 1781 erließ Josef II das so genannte Toleranzpatent und er sicherte unter anderem die Gleichstellung von Protestanten und Katholiken in Tirol. In Tirol hat sich dieses Patent erst rund 100 Jahre später anwendbar machen lassen. So kam es, dass eine Reihe von Zillertalern, protestantischen Bekenntnisses, die Heimat haben verlassen müssen. Der liberal gesinnte Arzt und Brauereibesitzer, Dr. Norbert Pfret(z)schner aus Jenbach war ein Kämpfer für die Durchführung dieses Patents und 1842 ging er in die hohe Politik. Der Gemeinderat wurde Landtags- und Reichtagsabgeordneter (gewichtig hat er sich dafür eingesetzt, dass das kaiserliche Patent in Tirol Gültigkeit bekomme ( s. a. Peter Stöger, 32002. , S. 32, 164).

Noch viel früher hatten die Hutterischen Brüder ihr Land verlassen müssen. Es waren ja vor allem die einfachen Leute, die den neuen Lehren anhingen, besonders kräftige Gemeinschaften dieser Wiedertäufer haben sich im Pustertal entwickelt und im Raum Sterzing und in Rattenberg. Allein in Rattenberg sind 77 Wiedertäufer ums Leben gekommen. Huter bereitete für die zahlreichen Glaubensbrüder die Flucht vor. Sie sind nach Südmähren. Ab 1529 sind ungefähr 6000 Wiedertäufer aus Tirol ausgewandert und manche Wiedertäufer wurden dann auch noch von den Inn- und den Donauschiffen herunter geholt, wurden gefoltert und ermordet. 1533 wird dann Huter Oberhaupt der Gemeinschaft, die Leute mussten fliehen. Jakob Huter hat seine Frau in Klausen abgeholt, ist dabei verhaftet worden und ist vor dem Goldenen Dachl verbrannt worden.
Seit dem Tod Huters nannten sich die Wiedertäufer „Hutterische Brüder“. Die Situation hatte sich in Mähren wieder beruhigt, und es gab sogar eine Blütezeit. Dann aber mehrten sich wieder die Anzeichen der Verfolgung. 1621/22 wurden die Hutterer aus Mähren verjagt. Viele zogen ostwärts nach der Slowakei, und viele wanderten über Ungarn nach Transsilvanien aus. Die Gemeindezahl schmolz. Als in der Mitte des 18. Jahrhunderts durch Jesuiten Zwangstaufen erfolgten, setzte ein Flüchtlingsstrom über die Karpaten in die südöstliche Walachei ein. Dort blieben die Gemeinschaften von 1767 - 1770. Russlands Zarin, Katharina II., hatte für ihre Kolonisierungsprojekte Interesse an arbeitsamen Bürgern. Sie lud die, im irdischen Sinne, heimatlos Gewordenen in ihr Reich ein, wo sie mit den Mennoniten an der Desna (1770 - 1842) und im Gebiete der Krim (1842 - 1873) Gemeinden gründen konnten. Als die Zusage der Befreiung vom Militärdienst zurückgezogen wurde, entstand eine neue und ernste Situation. Unter Zar Alexander II. gleichfalls verfolgt, machten sich 1873 Vertreter der Mennoniten und der Brüdergemeinschaft nach Kanada und in die USA auf, um Möglichkeiten einer Einwanderung an Ort und Stelle überprüfen zu können. Nach dem positiven Lagebericht wanderten die ersten nach Kanada aus, um nun dort ihrem Glauben gemäß leben zu können. Das war im Jahre 1874. In unseren Tagen gibt es 219 Brudergemeinden. In Manitoba 72, in British Columbia 1, in Alberta, am Fuße der Rocky Mountains 107 und in Saskatchewan 39. Von Kanada aus machten sich viele in die USA auf.

Im Juli 1874 erreichten mit dem Schiff „Harmonia“ 113 Hutterer die USA. Zahlreiche folgten und siedelten sich in den darauffolgenden Jahren in South-Dakota an. Und heute? Heute leben dort an die 10.000 „Hutherian Brethren“ in der „Hutherian Brethren Church“ (s. a. Riedmann, 1988, S. 105 - 107, Forcher, 1974, S. 49). Es gibt neunzig Hutterer-Gemeinden in den USA. In North-Dakota sind es 6, in Washington 5, in Montana 35, in Minnesota 2 und im erwähnten South-Dakota 42. Insgesamt leben in den Weiten Nordamerikas (der USA und Kanadas) rund 25000 Hutterer, verstreut in über dreihundert, oft abgelegenen Siedlungen. Weitere Kolonien gibt es in England (Sussex), in Villingen (Deutschland) und in Japan (s. G. Mumelter, 1986, S. 33).

Anlässlich der Feiern „Fünfhundert Jahre Goldenes Dachl“ in Innsbruck hielt Bischof Reinhold Stecher in der Hofburg die Festansprache. Dabei lieh er dem Goldenen Dachl seine Stimme: „Da brannte unmittelbar vor mir ein Scheiterhaufen. Und auf ihm verbrannte ein Mensch: Jakob Huter. Er hat zu denen gehört, die in einer aufgewühlten, verunsicherten und religiös verkommenen Zeit das Evangelium sehr radikal auslegten. (...) Aber auf dem schrecklichen Scheiterhaufen vor mir verbrannte nicht nur Holz und ein Mensch. Da verbrannten auch die Achtung vor dem Gewissen, die Menschenrechte und die christliche Liebe - und darum kann ich dieses Feuer nicht vergessen. Vielleicht könnt ihr euch jetzt vorstellen, wie ich mich über Feuerzeichen anderer Art gefreut habe, als vor ein paar Jahren tausend Kerzen vor mir brannten, als Zeichen gegen Fremdenhaß, Intoleranz und Ausgrenzung. Der 25. Februar 1536 ist für mich ein Trauma, sagt das Goldene Dachl. Darum rede ich nie von den guten alten Zeiten. Ich habe Feuerzeichen gesehen, solche des Fanatismus und solche der Toleranz ... “ (1996, S. 23).


(IV)

Es war die Not, die viele Einwohner veranlasste, das Glück im Wandergewerbe als Hausierer zu suchen. Durch die herumziehenden Handwerker und Händler, aber auch die Bergknappen hatten die Lehren Luthers in den Tälern Verbreitung gefunden.

Nach dem Leitspruch "Wessen das Land ist, dessen ist die Religion" mussten viele Deferegger ihre Heimat verlassen. In "Neu eröffneter Historischer Bilder-Saal, siebenter Theil, Nürnberg 1727" heißt es zum Jahre 1684: "Im Tefergger Thal, zum Ertz-Bisthum Salzburg gehörig, wurde eine Evangel. Gemeinde entdecket, welche weit über 100. Jahr verborgen gewesen, und aus denen, von ihren Eltern und Vorfahren ihnen überlassenen Büchern, sich untereinander erbauet und geübet. Als sie aber entweder gar selten in die Catholische Kirchen kamen, oder sich bey der Messe und andern Stücken des Cathol.

Gottesdienstes gar kaltsinnig bezeigten, wurden ihnen erstlich ihre gehabte Bücher abgenommen, und sie darauf angehalten, durch einen abzuschwöhrenden leiblichen Eid sich zum Catholischen Glauben zu bekennen, welches sie aber sich zu thun weigerten, und lieber, mit Hinterlassung aller ihrer Haabseeligkeiten, den Exulanten Stab ergriffen; worauf sie hin und wieder im Reich, in Evangelischen Orten aufgenommen und untergebracht worden sind" (Gert Stemberger, 1985, S. 74).

1666 erging aus Salzburg der Erlass an Wolf Adam Lasser, Pfleger in Matrei, im Defereggen "eine Visitation vorzunehmen, die sektischen Bücher abzunehmen, die Leute zur Rede zu stellen" (ebd., S. 68). Aus dem Tal mussten (zwischen 1666 und 1725) 895 Protestanten "mit lautem klagen und weinen" ihre Heimat verlassen (ebd., S. 75).

Vor 1685 lebten ca. 3000 Einwohner im Tal. Bis 1720 wurde rund ein Drittel der Einwohnerschaft des Tales ausgewiesen (ebd. S. 81). St. Veit hat die Hälfte seiner Bewohner verloren. Tragödien spielten sich ab, weil der Salzburger Erzbischof Kinder unter 15 Jahren nicht auswandern ließ, "um sie im katholischen Glauben erziehen zu können" (ebd., S. 74). "Als die Deferegger bei Kranebitten und bei Zirl lagerten und froh waren, den anstrengenden Teil ihrer Reise hinter sich zu haben, erschien ein Abgesandter der Tiroler Regierung und verfügte die Rückkehr von 45 Kindern. Zehn Mütter erklärten sich freiwillig bereit, bei den Kindern zu bleiben und sie heim zu begleiten (...)" (ebd., S. 75). Von 227 zurückbehaltenen Kindern wurden 56 von ihren Eltern "entführt". "Um die Entführung zu verhindern - sichtlich war es Defreggern doch immer wieder gelungen, ins Tal zu gelangen - sollten die Kinder in Matrei zusammengezogen und zu ihrer Bewachung Militär eingesetzt werden. Ganz ließ sich diese Maßnahme doch nicht durchführen, weshalb Gerichtsdiener (...) ins Tal gesandt wurden" (ebd., S. 79). Zur Durchsetzung des Beschlusses wurden im Jahre 1692 Knechte bestellt, "die für jeden aufgegriffenen Entführer, der ein Kind bei sich hatte, eine Prämie von zwölf Reichstalern erhielten" (ebd.).

(V)

„Sie haben Angst - Angst vor dem Neuen!“ schreit der Sensenschmied Simon einem übereifrigen Landrichter entgegen, der sich hinter das Gerichtstor flüchtet. Felix Mitterer hat diese Szene, sie ist oft zitiert, aufgezeichnet. Er tut es in „Verlorene Heimat“.

Die Anfänge der protestantischen Religion im Unterinntal gehen weit, bis zum Beginn der Reformationszeit, zurück. Die Ideen Martin Luthers kommen über zwei Kanäle in das Zillertal. Zum einen über die Bergknappen, die in Tirol gearbeitet haben, und zum anderen über die Wanderhändler aus dem Tal selbst.

Im frühen 16. Jahrhundert war der Bergbau in Tirol in seiner großen Blüte. Zahlreiche Knappen zogen als Gastarbeiter der Fürsten, später der Fugger, nach Tirol und arbeiteten vornehmlich in Schwaz, Sterzing, Hall und Brixlegg. Viele von ihnen waren aus Sachsen, dem Kernland der neuen Lehren. Der wirtschaftliche Niedergang des Bergbaues, die Bauernaufstände, die Gefolgschaft vieler Tiroler in der Bewegung der Wiedertäufer hatten das öffentliche Leben radikalisiert. Das heißt, die Ausbeutung weiter Bevölkerungsteile wurde deutlicher bewusst und die Forderungen nach Gerechtigkeit - nicht zuletzt von einem religiösen Engagement getragen - wurden unmissverständlich eingefordert.

Zuerst hat sich die evangelische Religion eher im Untergrund verbreitet. Nun aber begannen sich mehr und mehr Gläubige offen zu bekennen. Sie lehnten sich auch, wenn es das Gewissen befahl, gegen die Obrigkeit auf. Obrigkeit und katholische Kirche waren eins. Im Zillertal widersetzten sich viele Protestanten den gegenreformatorischen katholischen Bemühungen.
Man ließ die evangelischen Christen im Zillertal lange Zeit gewähren. Dies hatte verschiedene Gründe. Einer lag darin, dass die „Evangelischen“ nicht an die Öffentlichkeit traten. Sie lasen ihre Schriften und Bücher heimlich, Wanderhändler hatten sie mitgebracht. Sie haben sich als Viehhändler, Sensenschmiede, als Handschuh- und Lederwarenverkäufer, als Granatenhändler oder Ölträger das Brot verdient. Dabei sind sie weit, auch in protestantische Lande, gekommen. In Hamburg und Amsterdam gab es sogar Zillertaler-Handelsniederlassungen. Die Bücher haben sie aus dem protestantischen Preußen mitgebracht. Versammlungen fanden also heimlich statt, in der Regel auf entlegenen Bauernhöfen. Nicht alle Sympathisanten haben sich schon öffentlich bekannt. Die Ausrichtung auf die Lehren Martin Luthers im Augsburger-Bekenntnis war nicht einheitlich. Manche tendierten zum Helvetianischen Bekenntnis. Durch so manche Familie ging ein Riss, wenn nur ein Teil den Protestanten zuneigte. Was heute, da sehr viel von Ökumene gesprochen wird, weitgehend problemlos ist, war damals mit manchen Tragödien verbunden. Es gab Missionierungsversuche auch innerhalb der Großfamilien, was nicht ohne Auseinandersetzungen vonstatten ging.

Die Hoffnung der sich allein-gläubig wähnenden Katholiken gingen in die Richtung, dass die „Irrgläubigen“ sich endlich wieder zurückfinden mögen. Das gelang nur bei einigen. Bekannt ist, dass die Zillertaler Protestanten Besuch von ihren Glaubensbrüdern bekommen haben, auch Studenten waren darunter und Handwerker, die die Inklinanten im abgelegenen Tirol im Glauben bestärkt haben.

Am 13. Oktober 1781 erließ Kaiser Joseph II. das sogenannte Toleranzpatent (Toleranzedikt). Es war der Mittelpunkt seiner neuen Kirchenpolitik. Nach dem Toleranzpatent haben 1781 ursprünglich nur fünf Personen sich offen zur evangelischen Religion bekannt. „Schlagartig änderte sich diese Situation im Jahre 1826, als unter den evangelisch gesinnten Menschen, die man wegen ihrer ‘Hinneigung zum Protestantismus’ amtlicherseits als ‘Inklinanten’ bezeichnete, im hinteren Zillertal eine Bewegung entstand. Innerhalb von zehn Jahren bekannten mehr als 400 Zillertaler, dem Beispiel der Gebrüder Egger folgend, öffentlich ihren lutherischen Glauben“ (Wolfgang Schmidt/Reinhold Stecher/Karl Berg, 1987, S. 1). Die Sprache des Toleranzpatentes war klar. Trotzdem suchte das Kartell zwischen Behörde und Kirche Möglichkeiten, das Patent zu umgehen. Einer der juridischen Kniffe besagte, dass durch die bayrische Herrschaft - im Zuge der Napoleonischen Kriege - dieses Patent „ex lege“ in Tirol ungültig geworden sei. Es bedürfe einer neuerlichen Proklamierung. Man sprach auch von der Gefahr einer „ungezügelten Gewissensfreiheit“, von “Neuerungssucht“, von “Hochmut“ und “Eigendünkel“.

Hätten sich 500 zu ihrem protestantischen Glauben bekannt, hätten sie - nach den Bestimmungen des Toleranzpatentes - eine eigene Kultusgemeinde gründen können und bleiben können. Die Zahl wurde knapp verfehlt, weil etliche den Drohungen nicht mehr standhalten konnten. Dem war allerdings einiges vorausgegangen. Am 4. Juli 1830 beantragte nämlich Fürsterzbischof Augustin Gruber (zu Salzburg gehörten die Deferegger) beim Tiroler Gubernium, „den hartnäckig auf Trennung Verharrenden zu erklären, daß sie in eine jener k. u. k. Provinzen übersiedeln sollen, wo akatholische Gotteshäuser und Pastoren sind“ (zit. in: Schmidt et al., ebd.).

Kaiser Franz I. hat sich entgegen der Intentionen seines Vorgängers zuungunsten der Protestanten entschieden und das Bittgesuch zur Gründung einer eigenen evangelischen Gemeinde im Zillertal abgelehnt. Der Kaiser hat es aber freigestellt, dass die Zillertaler in eine andere Provinz übersiedeln können, wo es „akatholische“ Gemeinden gibt.

Der Umstand, dass die Inklinanten ihre Bitten nicht zurückgestuft haben (trotz Ablehnung auf Erfüllung beharrten), den Bitten- und Forderungskatalog sogar ausbauten, brachte sie vollends in den Verdacht, „Sektierer“ zu sein. Und auf diese war das Toleranzpatent ohnehin nicht anwendbar.

Am 26. November 1835 erreichte eine Kundmachung des Landesguberniums das Zillertal, das den strengsten Vollzug von Verwaltungsmaßnahmen anordnete. So war zum Beispiel ein Gutsankauf oder die Annahme einer Pacht nicht mehr statthaft. Auch die Übergabe eines Hofes an den Sohn wurde verboten. Matthias Kreidl musste von seinem Vorhaben, einen Granatenbruch zu übernehmen, zurückstehen...

Als die Protestanten zu spüren bekamen, dass ihre Wünsche unerfüllt bleiben, beantragten B. Heim, J. Fankhauser, J. Stock und J. Gruber die Erteilung von Reisepapieren, um sich in Bayern und in Preußen zwecks Aussiedlung umzusehen. Die Behörden in Zell und in Innsbruck lehnten dies ab, fürchteten um ihre Reputation. Eine Audienz bei Erzherzog Johann - er hatte ihnen am 11. Juli 1835 in Zell eine Vorsprache gewährt - endete enttäuschend. Ein neuerlicher, verzweifelter Versuch, den Kaiser umzustimmen, endete mit der Kundmachung: „als Katholiken bleiben oder als irreligiöse Sektlinge gehen“.

Hoffnungen auf den neuen Kaiser zerstoben. 1837 gab Ferdinand I., der Gütige (!) - er war inzwischen Kaiser Franz nachgefolgt - der Entschließung des Tiroler Landtages nach, 436 Zillertaler Augsburger Bekenntnisses aus dem Land zu verweisen.

Die Bekennenden hatten, nach einem sechswöchentlichen Religionsunterricht und einer anschließenden viermonatigen Frist, um die anstehenden Auswanderungs- und Übersiedlungsgeschäfte zu tätigen, das Land zu verlassen. Die sogenannte Hauslehre in einzelnen Weilern - in Stumm gibt es diese Tradition noch - geht auf jene Zeit zurück, da Abtrünnige der Kirche sich bei einem katholischen Priester zu einer religiösen Unterweisung, die sechs Wochen dauerte, melden mussten. Heute dauert dieser Brauch nur mehr eine Woche. Die Lehre wird in Privathäusern abgehalten. Diese Zwangsbelehrung war ein Ansinnen, das Widerstand hervorrief. Johann Innerbichler sagte jedes mal vor Unterrichtsbeginn dem Pfarrer: „Du erbarmst mir, daß du umsonst a söche Mühe haben mußt. Ich bleib’ wie ich bin, magst sagen, was d’willst...“ (zit. in: Haun, 1985, S. 10).

Nur sieben Inklinanten kehrten zum katholischen Glauben zurück, acht verblieben innerhalb von Österreich. Alle anderen, 393 Protestanten, entschieden sich für die Auswanderung.

Der preußische König war zuvorkommend und erklärte sich bereit, Teile seines Landbesitzes im Gebiet von Erdmannsdorf bei Hirschberg - am Rande des Riesengebirges gelegen - zu gerechten Preisen den Zillertalern für einen Ankauf zur Verfügung zu stellen. 34 Gehöfte wurden gegründet, der Großteil in Erdmannsdorf, sechs in Seidersdorf. (Die Alternative zu Schlesien wäre möglicherweise Siebenbürgen gewesen.)

Am 20. Juli 1837 erhielten die Tiroler die verbriefte Zusicherung, sich in Preußen niederlassen zu dürfen. 56 Jahre nach dem Toleranzpatent zogen - zwischen dem 31. August und dem 4. September 1837 - in vier Auswanderungszügen 427 Zillertaler aus ihrer Heimat "in die Fremde". Elf von ihnen wanderten nach Kärnten und in die Steiermark, 416 nach Oberschlesien aus. Zuerst ließen sie sich in Schmiedberg nieder, wo sie am 12. November 1837 ihre Aufnahme in die evangelische Kirche feiern konnten. In der Nähe von Hippach stehen auch heute noch drei Linden, die den Ort kennzeichnen, wo sich die Auswanderer zu ihrem traurigen Auszug fanden.

Im Gebiet von Erdmannsdorf (Schmiedeberg) gründeten die Tiroler alsdann ihre Kolonie: „Zillerthal“. Die Ansiedler lebten vor allem von der Milchwirtschaft. Sie verstanden sich unter anderem auf Gartenarbeit und errichteten eine große Flachsgarnspinnerei. 1940 lebten dort noch 3000 Einwohner. Die Gemeinde bestand in ihrer alten Form noch bis 1945 (s. Schmidt et al., 1987, S. 1). 1945/46 mussten die Tiroler ihre Heimat wieder verlassen. Auch die deutschsprachigen Schlesier hatten dieses Schicksal zu erleiden. Sie alle waren ein Opfer des Zweiten Weltkrieges. Der Teil Schlesiens, in dem das Tiroler Dorf stand, wurde Polen angegliedert. Das Tiroler Dorf heißt heute Myslakowice. In dem Dorf sind heute noch Formen der Zillertaler Bauweise zu bewundern.

Der letzte der Auswanderer ist, hochbetagt, 1922 in Schlesien gestorben. Das Gebäudebuch von Hirschberg zählt folgende traditionsreiche Namen als ehemalige Besitzer auf: Fleidl, Brugger, Heim, Rieser, Rahm, Oblasser, Lublasser, Strasser, Schiestl, Kröll, Klocker, Innerbichler, Wechselberger, Kolland, Buchberger, Bair, Geisler, Schönherr, Lechner, Hotter, Hechenpleikner (s. M. Stöckl, 1995, S. 8).

Norbert Hölzl zu dieser letzten Protestantenvertreibung in Österreich: „Ein unerfahrener Habsburger-Sprößling auf dem Salzburger Bischofsthron hatte die Protestanten aus dem Zillertal 1837 rechtswidrig ausgewiesen. (...) 150 Jahre später, 1987, entschuldigten sich in Mayrhofen die Bischöfe Berg und Stecher bei den evangelischen Glaubensbrüdern für das einstige Unrecht. Felix Mitterer schrieb ein ergreifendes Drama (s. o., PS)“ (1995, S. VI). Der evangelische Superintendent Wolfgang Schmidt und die Bischöfe Stecher und Berg schreiben 1987 in ihrer ökumenisch bewegenden Stellungnahme: „Trotz des 1781 von Kaiser Joseph II. erlassenen Toleranzediktes hielt sich in Tirol die Auffassung von der Notwendigkeit, die konfessionelle Einheit des Landes unter allen Umständen zu wahren. Die Bestrebungen der kirchlichen und weltlichen Behörden, keine nichtkatholischen Gemeindegründungen zuzulassen, sind auf diesem historischen Hintergrund zu beurteilen“ (1987, S. 1). Unter den Auswanderern gab es auch solche, die erst später protestantisch wurden. Sie haben ihre Auswanderung vorerst und erstrangig als einen Protest gegen die Strukturen der wirtschaftlichen Ungerechtigkeit und der Ausbeutung verstanden.

Es ist berichtet, dass etliche der Inklinanten in Preußen 1838 nach Bayern, nach Rußland, Polen und Australien weiterwanderten. 55 Zillertaler zogen nach Chile. Nach viermonatiger Schiffsreise landeten 1856 in Puerto Montt - in jenem Ort, wo heute die Panamericana, die in Alaska beginnt, endet - folgende Großfamilien: Klocker, Hechenleiter, Schönherr, Brugger, Fleidl, Kröll, Fankhauser, Heim und Winkler (Norbert Hölzl, 1995, S. VI). Sie haben sich weit im Süden - zwanzig Kilometer landeinwärts - am damals menschenleeren Llanquihue-See (der Name heißt „versunkener Ort“, versunken nach einem Vulkanausbruch) niedergelassen. Ihr Ort heißt Punta de los Bajos. Die polnische Tiroler Kolonie ist fast ausgestorben. Die Kolonie in Chile lebt.

Die Tiroler waren gemeinsam mit den ersten Deutschen in das deutschfreundliche Chile von Präsident Manuell Montt aufgebrochen. Der Ort ihrer Ankunft wurde später nach diesem Präsidenten benannt. Am Llanquihue-See findet sich auf einem Grabstein der Text für eine Auswanderin. Es ist die im Zillertal geborene Teresa Klocker:

"Als Kind in Tirolens Bergesluft
als Jungfrau in Schlesiens Blütenduft
unter Kindern und Enkeln am stillen See
fand sie Ruh' im Land Llanquihue'"

(zit. in: Haun, 1985, S. 8 und in: N. Hölzl: 1995, S. XII ).


(VI)

Zu „Anderen“ gemacht wurden all die Opfer eines Wahnes, des Hexenwahnes, der vom Beginn des 16. bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts Europa verdüsterte. Es war eine dunkle Form „Welt an-zuschauen“. Der Dominikaner Heinrich Institoris hat, sich auf die Hexenbulle von Papst Innozenz VIII. berufend, auch in Tirol eine Reihe von Denunziationen ausgelöst. Er verfasste 1487, gemeinsam mit einem weiteren Dominikaner, Jakob Sprenger, den sogenannten „Hexenhammer“ („Malleus Maleficarum“), ein Handbuch, auf das sich über 200 Jahre alle Verfolger berufen konnten.

Der Denunziation von Frauen und Männern (auch von Kindern beiderlei Geschlechtes) waren Tür und Tor geöffnet. Rund 80 Prozent der zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert ermordeten 100.000 Hexen waren Frauen. Der Gedanke an verhexte Frauen (und Männer und Kinder) ist alt. Zwischen 1230 und 1430 kristallisierten sich, im Gefolge verzerrter Auslegungen der Theologie, Vorstellungen über Hexerei als Ausdruck einer „Buhlschaft mit dem Teufel“ heraus. Das wohl bekannteste Opfer dieses Wahns ist Jeanne d’Arc, die 1431 auf dem Scheiterhaufen umkam.

Die Verfolgungen begannen 1484 und erreichten über hundert Jahre später, zwischen 1590 und 1630, einen Höhepunkt. Nachdem Institoris vorerst durch den besonnenen Brixner Bischof, einem Gegner der Hexenverbrennungen, ausgebremst wurde, landeten zu Beginn des 15. Jahrhunderts - schlussendlich - doch die ersten der Hexerei Verdächtigten auf dem Scheiterhaufen.

In Tirol fanden ca. 300 der Hexerei Angeklagte den Tod (Frauen, Männer, Kinder gleichermaßen), wobei der Tiroler Anteil im Vergleich mit anderen Gebieten noch gering war (Gretl Köfler, Michael Forcher, 1986, S. 62 f). Neid und Eifersucht, Tratsch, ein nicht erklärbarer plötzlicher Tod, eine unbedacht ausgesprochene Drohung oder auch etwas, was als Drohung ausgelegt werden konnte, heftige Unwetter oder ganz allgemein ein schlechter Ruf konnte jemandes Feuertod bedeuten (s. Helga Reichart, 1997, S. 9). Wie auch Jakob Huter, der Reformator, Michael Gaismair, der Bauernanführer, Oswald von Wolkenstein waren auch die „Hexen“ politische Häftlinge. Sie wurden, wenn sie nach Innsbruck kamen, in den Kräuterturm an der Stadtmauer eingesperrt und der Tortur unterworfen. Der Brixner Bischof Golser hatte (als einer der wenigen) 1486 seine Stimme vor den Landständen gegen die Hexenbulle erhoben. Leider ist Institoris nach Innsbruck weitergezogen. Dort verhörte er zwischen 3. August und 14. September die ersten Verdächtigen. „Dabei kam allerhand Geschwätz zum Vorschein; mancher Ehepartner mochte hoffen, auf diese Weise seinen Gatten loszuwerden“ (Wilhelm Braun, 1987, S. 437). In kurzer Zeit hatte Institoris fünfzig Frauen einem Verhör unterzogen. Zum Teil hatten sie bereits im Kerker auf ihr von Folterungen begleitetes Verhör gewartet.

Institoris begann in Innsbruck seine Tätigkeit. Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485 ist in den Archivakten des Hofarchivs Brixen verzeichnet und dokumentiert. Es ist anzunehmen, dass sich Günstlinge am Hof von Erzherzog Sigmund des Inquisitors bedienten, um unangenehme Personen loszuwerden. 1485 sind von den sechs Richtern alle Verdächtigten und Angeklagten freigesprochen worden. Bei diesem Prozess wurden über 50 Personen verdächtigt (davon über 40 aus Innsbruck und den umliegenden Dörfern). Der Hexerei waren auch zwei Männer verdächtigt worden. Institoris Aufenthalt in Innsbruck hatte für ihn ein schmähliches Ende. Bischof Golser hatte mit dem Arzt Johann Mervais von Wenndingen einen Verteidiger bestellt. Das Verfahren - dem drei Theologen, zwei Beamte des Landesfürsten, zwei Notare und drei Dominikaner beisaßen - wurde von Mervais eingestellt (s. Köfler/Forcher, 1986, S. 62).

Institoris wurde angeklagt, Fragen gestellt zu haben, für die er gar nicht zuständig war (Fragen, die zum Beispiel auch das Privatleben des Landesherrn tangierten). Brixens Bischof erinnerte ihn dann, „daß er von den Ehemännern und Freunden der Angeklagten Vergeltungsmaßnahmen zu erwarten habe“, außerdem könne er, der Bischof, „die Sache selbst zu Ende führen“ und „der Inquisitor solle daher in sein Kloster zurückkehren, wie er ihm schon früher geraten habe, nicht aber anderen zur Last fallen“ (Braun, 1987, S. 440). Das Ende des Innsbrucker-Prozesses war leider eine Ausnahme. Zwei Jahrzehnte später verbrennen auch in Tirol die ersten Hexen. Es wird die Zeit sein, in der auch für andere Verfolgte - für die Hutterischen Brüder - die Scheiterhaufen errichtet werden.

Der Denunziation lagen oft „ungelöste Beziehungskonflikte“, wie Familienstreitigkeiten oder enttäuschte Liebe, zugrunde (Köfler/Forcher, 1986, S. 63 f).

Auch Antisemitismus war eine Variante von Hexenverfolgung. War eine Frau „im bösen Geschrei“ verrufen worden, „so genügte ein schweres Unwetter, um aus vagem Gerede handfeste Anschuldigungen zu konstruieren (...)“ (Köfler/Forcher, ebd.). So geschehen 1540 an Barbara Pachlerin, vulgo Pachler-Zottel, einer Sarner-Bäuerin. Umherziehende waren besonders gefährdet, gleichfalls Vaganten, Hüter- und Bettelkinder und arbeitslose Dienstboten. Es genügte bereits, „wenn man der falschen Person über den Weg lief“: „Der 12jährige Josef Esser bettelte eines Abends im Juni 1580 eine heimkehrende Gruppe von Gerichtsbeamten an. Verdächtig machte er sich, als er den Inhalt seiner Hosensäcke ans Tageslicht beförderte: Fensterblei, Ringlein, Flintensteine, Federmesser, bunte Steine. Eingesperrt und verhört, gestand er allerlei Bubenstreiche, darunter auch den Versuch, mit ein paar Freunden Wetter zu machen. Am Berg ober Marling hatten sie Holz und Steine in die Luft geworfen, worauf ein Unwetter mit Blitz und Hagel entstanden sei. Zu seinem Unglück waren seine Freunde wegen solcher Delikte bereits im Vorjahr hingerichtet worden, ein Schicksal, das er mit ihnen teilen mußte“ (ebd., S. 64)
Köfler und Forcher stellen fest, dass es sich, „auch bei vorsichtiger Interpretation der Quellen“, bei den Opfern in Tirol (Trient ausgenommen) „nur selten um wohlhabende und angesehene Personen“ gehandelt habe: „Meist waren es Witwen, arme Bäuerinnen, Pächtersfrauen, landwirtschaftliche Dienstboten, Landfahrerinnen, nur selten aber eine der von Hexenverfolgern als besonders verdächtig angesehene Hebammen“ (ebd., S. 64 f). Ein Ehepaar aus Heinfels wurde 1637 gemeinsam hingerichtet. Wie sehr sich die Vorurteilsmechanismen ähneln, ist an dem öfters kolportierten Vorwurf, bei den Hexenfesten würden Kinder „gesotten“ ablesbar (vgl. ebd., S. 65). Solche Vorwürfe gab es auch Juden gegenüber; da sich die Mazze (ungesäuertes Brot) gelb-rötlich verfärben kann, wurde ihnen vorgeworfen, dass darin das Blut von Christenkindern beigemengt sei.

Verhandlungen endeten nicht immer mit dem Tod, sehr wohl aber mit dem Einzug des Vermögens (ebd., S. 67). Kinder unter 14 waren von der Folter ausgeschlossen, erzählten aber - eingeschüchtert - „allerhand Schauermärchen“ (ebd., S. 69).

Die Prozessakten der als Hexe angeklagten Emerentia(na) Pichler(in), der „Perloga Hexe“, 1680 in Lienz hingerichtet, sind vollständig erhalten. Sie führen in die Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg. Wetterzauber, Hexentanz mit Menschenfresserei auf der Hofalm im Debanttal, Unzucht mit dem Teufel waren einige der Anklagepunkte. Fast zwanzig Monate dauerte die „Untersuchungshaft“. Ein solches Summaverhör war in der Regel mit so vielen Torturen verbunden, dass ein Todesurteil für viele Angeklagte bereits eine Erlösung war. Unter dem Eindruck der Folter gestand sie allerlei, zum Beispiel, Quecksilber ausgestreut zu haben, um Mensch wie Vieh „krumm zu machen“. Sie beschrieb den Teufel in der Phantasie ihrer Zeit als einen pferdefüßigen schönen Jäger. Gelernt habe sie die Hexerei bei ihrer Mutter. Sie gesteht, vierhundert „böse Wetter“ angezettelt zu haben, und gesteht in hundert Fällen Abtreibungen, Kinderraub und Kindermord. Schlussendlich begann sie auch über ihre Kinder auszusagen.

Die Kinder hätten sie, die Mutter, als Wölfe Hunde, Katzen oder auch als Mäuse begleitet. Sie seien außerdem beim Diebstahl in Kirchen oder beim Wachestehen bei Mordanschlägen behilflich gewesen. Diese Geständnisse wurden nicht weiter hinterfragt. Im Gegenteil, sie waren willkommen und festigten den Urteilsspruch.

Die letzte Hexenverbrennung soll 1773 in Landeck stattgefunden haben (Peskoller, 1996, S. 113). Die letzte Hexenverbrennung in Deutschland fand vor den Toren Tirols in Kempten statt. Das war 1775, als die Dienstmagd Maria Schlägel den Tod fand. Die letzte Hexentötung in Europa fand 1782 mit einer Köpfung in Glarus statt.


(VII)

„Klein an Zahl, gewerbsfleißig und anspruchslos, sind sie überall unbedenklich und mitunter selbst gerne gelitten“, schrieb Bidermann 1853 über die Juden (zit. in: Achrainer/Hofinger, 1996 a, S. 30). Doch diese Einschätzung war nicht immer so...
Gleichermaßen skurril wie schrill wirkt es heute, dass bereits 1905 ein antisemitisches Pamphlet mit dem Spruch „Tirol den Tirolern“ auftaucht. Fast 90 Jahre später werden Wahlplakate zu einer Landtagswahl in Tirol, landaus - landein, diesen Slogan tragen... (S.a. Albrich, 1997, S. 21) Tirol und „seine“ Juden. Ein uraltes Thema. Kaum ein Vorurteilsmechanismus ist in Tirol so vertraut, so eingeschliffen, so traditionell, so „lieb-geworden“.

Fremde in der Heimat: Die großangelegte Verfolgung hatte auch in Tirol 1941 mit Verhaftung, Abschiebung, Anhaltelager, Ghettoisierung (vor allem im böhmischen Theresienstadt) begonnen. Dem folgte für viele die Vernichtung in den Konzentrationslagern des Ostens. In ihnen kamen - dokumentarisch nachgewiesen - 68 Tiroler Juden um (die Zahl der Ermordeten liegt aber höher, da Quellenmaterial gezielt vernichtet wurde). So sind beispielsweise Ludwig Mayer, ein Innsbrucker Kaufmann, seine Schwester Jenny und ein siebzehnjähriges Mädchen, Ilse Brüll in Auschwitz umgebracht worden (s. a. Dietrich, 1994, S. IV). Unter Lebensgefahr haben Bauernfamilien aus der Wildschönau und aus Pertisau jüdische Familien versteckt. „An der überschaubaren Personengruppe der Tiroler Juden lassen sich Mechanismus und Ablauf der nationalsozialistischen Verfolgung gut nachvollziehen“ (ebd.).

Über die Verfolgung der Tiroler Juden im Detail zu sprechen würde den Rahmen sprengen. Ich müsste über die Feindbilder sprechen, über Vorurteilungsmechanismen und Stigmatisierungen, über den barock-katholischen Antisemitismus (Judenstein und das selige Anderle, eine Ritualmordlegende; „S’ Judennkappele“ in Kappel, womit eine Dornenkrönungsgruppe beim Friedhof gemeint ist, römische Soldaten zeigen – wie auch beim Kirchenaufgang zur Pfarrkirche in Hall in Tirol - typisierte jüdische Fratzengesichter, die sich später im Stürmer wiederfinden werden), der aber noch ältere Wurzeln im Mittelalter hat, über das Zinsnehmungsverbot und vieles andere sprechen.

Ich konzentriere mich deshalb auf die Geschichte eines jüdischen Tiroler Mädchens, das siebzehnjährig den Tod in Auschwitz fand. In der Lebensgeschichte des Mädchens ist all dies zusammengefasst, was Menschen, auch Tiroler, Mitmenschen antun können. Es bedeutete für so viele den Ort wo die Hölle Vorspiel, Hauptspiel und – im Lichte dessen, was die britischen Luftaufklärungsbilder von Auschwitz, die im nun im Jänner 2004 freigegeben worden sind, zeigen - auch ihr Nachspiel hatte. (Warum nur ist die systematische Bombardierung der Geleise nach Auschwitz unterblieben? Das KZ hatte offenkundig keinen militärlogistischen Wert, humane Aspekte schienen bei der Kriegsführung auf Befreierseite nachgestellt zu sein.

Hunderttausenden oder noch mehr hätte das Leben auf diese Weise gerettet werden können. <Aktuelle Anm. der Verf. zur Drucklegung des schon im Herbst 2003 gehaltenen Referates>) Auch das Innsbrucker Mädchen Ilse Brüll hat die Shoah, das große Entsetzen, erfahren müssen.

So sei stellvertretend für die vielen Opfer sei an sie gedacht. Wolfgang Plat hat einen an ihn gerichteten Brief von Ingeborg Brüll, Ilses Cousine, veröffentlicht. In ihm ist der Schicksalsweg des Mädchens aufgezeichnet (1988 b, S. 272f).
Ilse kam am 28. April 1925 in Innsbruck zur Welt. Der Vater, Rudolf Brüll, war Möbelfabrikant. Die Mutter, Julie Brüll (geb. Steinharter), kam aus München. Die Familie wohnte in der Anichstraße Nr. 7. Die Volksschule und die Hauptschule besuchte Ilse in Innsbruck (als Volksschule war rayonsmäßig die Fischerschule zuständig – die Archivunterlagen sind bei einem Bombenangriff im Krieg zerstört worden, die Hauptschule hat Ilse nachweislich, das Schularchiv ist erhalten, in der damaligen Gaismairschule, der heutigen Hauptschule Wilten verbracht). Ihr „Einheimischen-Ausweis“ der „Lokalbahn Innsbruck-Hall i. T.) für das Jahr 1937 (Nr. 016437) ist noch erhalten, gleichfalls der ihr von dieser Lokalbahn ausgestellte Schülerausweis, „gültig im Schuljahre 1937/38“ (Abb. in: Harb/Köll/Melichar/Plattner 1996, S. 239). Als Jüdin verließ sie dann Innsbruck. „Sie fuhr zu ihrer Tante nach München und von dort am Jahresende 1938 nach Wien, wo ich mit Ilse Brüll zusammen gewohnt habe“ (Ingeborg Brüll, zit. in: Plat, 1998 b, S. 272). Als Dreizehnjährige wurde sie mit ihren Familienangehörigen zur Übersiedlung nach Wien gezwungen. Gemeinsam mit ihrer Cousine Inge kam sie am 28. April 1939 mit einem Transport von Quäkern nach Rotterdam (s. a. Schreiber, 1996, S. 142 und S. 360 FN 774). Nach einem Monat, die Quarantänezeit hinter sich, gelangten sie in das St. Jagobusheim in Eersel bei Eindhoven. „Da ich katholisch bin, ging Ilse mit mir in das katholische Heim, was uns damals auch sicherer erschien als ein jüdisches Heim, obwohl die Nationalsozialisten zu diesem Zeitpunkt noch nicht die Niederlande besetzt hatten“ (Ingeborg Brüll, zit. in: Plat, 1988 b, S. 272).

1940 überfällt Deutschland die Niederlande, der Bürgermeister des Dorfes wird sogleich abgesetzt. „Ilse Brüll war das einzige jüdische Kind, es gab aber auch noch Kinder jüdischer Abstammung und sogenannte Mischlinge, aber Ilse Brüll wollte unter allen Umständen ihrer jüdischen Religion treu bleiben“ (ebd. S. 272 f). Ilse, damals siebzehnjährig, wird aufgespürt und von der SS nach Westerbork, einem Sammellager, in dem z. B. auch Anne Frank inhaftiert war, gebracht. Dann muss sie auf „Transport“, wie die Abfahrt mit dem Todeszug damals hieß.

Ihr letzter Brief stammt aus Westerbork und wurde am 30. August 1942, einen Tag vor dem Abtransport nach Polen, datiert. Er ist an die Schwester Brigitte aus dem Kloster St. Jakobus in Eerstel und an ihre Cousine Inge Brüll adressiert. Das Dokument illustriert ein sehr trauriges Stück Geschichte der Kindheit im Rahmen der Geschichte Tirols.
Der Wortlaut des Briefes, dessen Original sich in Yad Vashem in Jerusalem (Nr. 8496) und dessen Kopie sich bei Frau Ingeborg Brüll (Innsbruck) befindet (zit. in: Harb/Köll/Melichar/Plattner, 1996, S. 238 - 240):

30. Aug. 42
„Meine liebe, gute Schwester Brigitte!
Mein liebstes, gutes Ingelein!

Nun will ich doch noch schnell ein Briefchen schreiben. Also nun will ich mal beginnen zu erzählen. Also mit dem Auto ging ich nach dem Bosch (gemeint ist der Ort s’Herzogenbosch in den Niederlanden, Anm. d. Autoren). Also fein war’s da einfach prima. Wir bekamen vom jüdischen Rath herrliches Essen ohne Bon und umsonst. Ich bekam 3 Weissbrote mit Butter und Käse, Keks, echte Schokolade, Kaffee, Thee, Orangen u. Citronen Limonade u. Milch. Also um 1 Uhr gingen wir unter Polizei Wache nach dem Bahnhof. Der Koffer ging mit dem Auto mit. Das andere mußte ich selbst tragen. Na und dann sind wir 5 Stunden im Zug gewesen, ein taubstummes Mädel aus Wien ist auch hier. Na und im Zug haben wir fein geschlafen. Hier in Hooghalen ist es mir ‘erg meegevallen’ (= hat es mir sehr gut gefallen, Anm. d. Autoren). Wir bekommen zwar etwas mieses Essen aber das ist nicht so arg. Also hier sind ganz nette Barakken mit kleinen Zimmern. Ich schlafe in einem kl. Teil wo zwei Zimmer sind 1 mit 4 Betten u. in unserem Zimmer sind wir 6. 2 reizende ältere Fräuleins 2 Frauen und ein junges Mädel. Alle sind reizend u. wir sind sehr guten Mutes. Wir haben ganz gute Betten, Closetts u. Waschgelegenheit. Auch Bekannte aus der Quarantaine hab’ ich hier. Leider nur Jungens, und zwar Siegfried Brauer, Edi Weinreb und Peter Margules. Der Peter sieht sehr schlecht aus, dass ich ihn erst kaum gekannt habe. Ich hab ein Gesuch (...) gemacht um nicht nach Schlesien zu müssen, aber hier in Westerborg bleiben zu können. Doch denke ich, dass ich morgen 31. Aug. um 4 Uhr früh weg muss. Leider hab ich noch keine Post von Elsel. Hoffentlich kommt noch ein Brief. Wir sind hier 1 grosse Familie. Nun schliesse ich Schwester Brigitte noch 1000 Dank für alles u. viele innige Grüsse und Gedanken von
Ihrer dankbaren Ilse.“

In einem Postskriptum heißt es dann: „In Polen soll es auch ganz gut sein. Auf Wiedersehn. Meinem Ingelein 1000 Bussi. Bitte geben sie meinen Eltern u. Verwandten Nachricht, über meinen Brief u. dass sie sich keine Sorgen machen.
Wenn sie meinen Brief erhalten haben u. ich bin noch hier schreiben Sie dann mir. Liesls Brief ist angekommen.
Wir dürfen anders hier jede 2 Wochen schreiben, aber diesen Brief gibt mir der Herr auf“


Ingeborg Brüll schreibt noch an Wolfgang Plat: „Das war das letzte Lebenszeichen, das wir von Ilse Brüll erhalten haben. Auch alle Nachforschungen nach dem Krieg blieben erfolglos. Da Ilse sich niemehr gemeldet hat und keinerlei Lebenszeichen von ihr zu finden war, muß es als sicher angenommen werden, daß Ilse in einem Vernichtungslager den Tod erlitten hat“ (zit. in: Plat, 1988 b, S. 273).

Was haben die Bemühungen zur Aufhellung der letzten Lebenstage ergeben? Zwischen der Datierung des Briefes und dem Todestag liegen nur 3-4 Tage. Am 30. August schreibt sie den Brief, am nächsten Tag wird sie von Westerbork nach Polen transportiert. Sie könnte dort einen Tag später angekommen sein. Nach Aussage von Ingeborg Brüll ist ihre Cousine am 2. oder 3. September 1942 vergast worden (vgl. a. König, 1999, S. 213 – darin das Datum mit 3. 9. 1942 angegeben ist).
Ilses Eltern verloren ihr Vermögen, mussten nach Wien und gelangten in das Konzentrationslager Theresienstadt. Sie überlebten und machten die Fabrik und Möbelhandlung wieder in der Anichstraße auf. Ihr Vater gründete wieder die Israelitische Kultusgemeinde und stand ihr bis zu seinem Tode vor (s. Plat, ebd.).
Ilses Cousine Ingeborg begründete die Tiroler Gruppe „Jüdisch-christlicher Dialog“.

VIII)


Eine Minderheit über die viel zu wenig gesprochen wird, stellt die Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas dar. Sie zählte, neben den Juden, zu den – in relativen Prozentzahlen ausgedrückt – zu den religiös am konsequentesten Verfolgten, Rosa Jochmann, KZ-Insassin, sozialistische Widerstandskämpferin und führende Parlamentarierin hat es zum Ausdruck gebracht. „Man mag über die Bibelforscher denken, wie man will, man mag sich in ihre Gedankenwelt hineinfinden oder nicht, man mag ihre Ideen bejahen oder verneinen, es weiß jeder, der mit ihnen zusammen viele Jahre des Grauens erlebt hat, dass sie vorbildliche Kameraden gewesen sind und sich in jeder Situation an unserer Seite gegen die SS, damals gegen Hitler gestellt haben“ (zit. in: Lebendige Geschichte..., 1999, S. 8).

Der Tiroler Politologe Maislinger hat in dem Buch „Widerstand und Verfolgung zwischen 1934 und 1945“, man hat also die Jahre des Austro-Faschismus dazu genommen, ausdrücklich auf dieses aufrechte menschliche Verhalten hingewiesen (1984, S. 370). Ob Zeugen Jehovas wie die Osttirolerin Helene Delacher (s. u.), ob Katholiken wie die Schwester Angela Autsch aus Mötz, ob Christoph Propst, der hier studiert hat, von der Weißen Rose, sie alle haben Zeugnis abgelegt und die Zeugen Jehovas ein besonderes.

Heinz Mayer, vor einigen Jahren verstorben, war Präsident des Bundes der Opfer der politischen Freiheitskämpfer in Tirol und Überlebender von Buchenwald. Er betonte verschiedentlich, dass da etwas ist, was „uns“ von den Kameraden der Zeugen Jehovas nicht getrennt, sondern unterschieden habe. Sie waren die Standhaften. Sie hätten durch eine Unterschrift, dass sie also bereit sind, zur Deutschen Wehrmacht einzurücken, von Hitler begnadigt werden können. Die Kommandantur hatte sogar den Befehl, solche Leute binnen 24 Stunden der nächsten Wehrforschungsstelle zu übergeben. Es sei ihm, Mayer, er könne hier nur von Buchenwald sprechen, kein einziger Fall bekannt, dass ein Bibelforscher diesem Ansinnen gefolgt wäre, um sich sein Leben durch Verrat an seiner Einstellung zu erkaufen.

Am 14. Juni 1943 wurde Helena Delacher, die Osttirolerin, auf einem Almweg in der Nähe des Brenner verhaftet. Sie wollte religiöse Schriften nach Südtirol bringen und fünf Monate später wurde sie enthauptet. Noch weitere zwölf Tiroler Zeugen Jehovas sind ums Leben gekommen: Anton Bodenwinkler, Matthäus Burgstaller, Johannes Desch, Anna Gründler, Karl Killinger, Josef Obrist, Johann Pechriggl-Bracherbauer, Hedwig Romen, Antonia Setz, Franz Setz, Karl Weiroster und Erwin Gostner. Der Innsbrucker hat in seinem Buch „1000 Jahre im KZ“ u.a. von Auschwitz berichtet. Er schreibt: „In einer Waldschneise arbeitete ein Trupp Bibelforscher beim Holz fällen. Ich schaue interessiert hinüber und entdecke unter den Häftlingen ein mir bekanntes Gesicht. Ich traue meinen Augen nicht, aber es stimmte, es ist Killinger aus Hall in Tirol, der im Hause m eines Freundes Zimmermann Mieter war. Er wohnte im Erdgeschoß und war Bibelforscher. Ich winke ihm verstohlen zu, aber er sieht mich nicht. Er macht übrigens einen verdammt müden Eindruck. Heute Abend will ich ihn gleich in seinem Block aufsuchen. Als ich am Abend vor ihm stehe, bin ich erstaunt über den Verfall des ehemaligen Schmiedes. Aber weil er ein so starker Mensch ist, setzt ihm die Hungerkost und die schwere Arbeit besonders zu. Trotzdem hält er an seinem Glauben fest. Ich denke an seine Frau und an den kleinen Buben, welche zu Hause auf ihn warten und rede ihm gut zu. Da wird er böse und wirft mich beinahe aus seinem Block. Nach 3 Wochen stirbt er im Lager an einer Lungenentzündung, die er sich beim Holzfällen geholt hat“ (zit. in Maislinger, 1984, S. 378).

Wie viel Mut hat doch die Schwazerin Katherina Entacher aufgebracht, als sie sich weigerte, die Entgegennahme des goldenen Mutterkreuzes rundweg abzulehnen.

Ich wollte die Zeugen Jehovas hier schon erwähnen, weil sie eine Religionsgruppe darstellt, die meistens im Rahmen der religiösen Verfolgungsgeschichte von TirolerInnen vergessen wird. Man redet über die Roma, über die verfolgten Homosexuellen, über die geistig Behinderten, über die Juden. Und die Zeugen Jehovas? Das ist ein Thema, das wirklich in der Tiroler Landesgeschichte (von einzelnen engagierten Artikeln abgesehen) ein blinder Fleck ist.


(IX)

Theodor Kramer (1897 - 1958), neben Georg Trakl einer der bemerkenswertesten Lyriker Österreichs, der sein Leben zum großen Teil in der Fremde verbringen musste, schrieb in einem seiner letzten Gedichte die Klage: „Erst in der Heimat bin ich ewig fremd“. Wie ist das mit Heimat und mit Fremde oder gar dem feierlich ewig Fremden? Wenn sich Exilanten wie Kramer erinnern, sind sie oft im Grenzland von Eigen und Fremd...

Das Erinnern der Geschichte erzählt viel über den Stellenwert des kollektiven Gedächtnisses einer Gesellschaft. „Der oberste Imperativ jeder Erziehung lautet, daß Auschwitz nicht noch einmal sei. Dafür bedarf es der kollektiven Erinnerung einer Gesellschaft an das eigentlich Unvorstellbare, das trotzdem geschah“ (Steinlechner, 1997, S. 4).

Irgendwie fällt mir auch ein, dass die Funktion des Fährmanns eine Funktion des Erinnerns ist, nämlich die heranwachsende Generation von einem Ufer an das nächste bringen. Das Übersetzen hat ja nicht nur mit Dolmetschen zu tun, das hat ja auch mit der Pädagogik zu tun. Die Kinder historisch von einem Ufer ans nächste bringen, dass die Eltern auch Großeltern gehabt haben und dass der Großvater auch einen Großvater gehabt hat. Also ihnen zu sagen, dass es einen gemeinsamen Fluss Sprache, einen gemeinsamen Fluss Geschichte gibt und dass die Erinnerungskultur eine Übersetzungskultur ist.

Yerushalmi, ein jüdischer Kulturwissenschaftler, der sich viel mit dem Erinnern beschäftigt hat, hat vom Verlust des Erinnerns gesprochen. Er meint, dass das ein Ausdruck der kulturellen Krise und auch ein Ausdruck einer spirituellen Verarmung ist (in: Gstettner, 1997, S. 13). Peter Gstettner übersetzt Yerushalmis Gedanken für eine Rückführung des österreichischen Gedächtnisses und beklagt auch ebenfalls einen gewissen Verlust gemeinsamer Werte (s. ebd., 12 f.). Das fällt wohl den meisten Pädagogen nicht nur in Tirol auf. Diese gemeinsamen Werte erst ermöglichen es uns, Geschichte ins Gedächtnis zu verwandeln, ins Tiroler Gedächtnis. Geschichte als Prozess der Bewusstmachung ist etwas, was eingeschrieben ist und eingeschrieben sein will mit Kopf und mit Herz.

Erlauben Sie mir dennoch einen Aspekt dazu zu fügen. Heimat und Fremde wurzeln tief und haben mit Nähe und Ferne, und beide sind in mir, zu tun. Die Erinnerung der eigenen Geschichte samt aller Aussätzigen, samt aller Ausgesetzten, samt aller Verlorenen und Vergessenen, die in irgendeinem Bermuda-Dreieck verloren gegangen sind, lehrt die heutigen aktuellen Fragen deutlicher zu sehen, schärft den Blick für das, was mit Asylanten ist, schärft den Blick für das, was mit Flüchtlingen ist. So hat Heinrich Böll auch Recht gehabt, wenn er gesagt hat. „Wir sind geboren, uns zu erinnern“. Nicht vergessen, sondern erinnern ist unsere Aufgabe“


(X)

Ja und dann wäre wohl noch etwas zu sagen über die sogenannten „Gastarbeiter“, über die Migranten. Ein Gedicht zum Schluss soll die Situation so mancher symbolisieren. Ich sage jetzt nicht viel über die Exilanten und Flüchtlinge, aber indem ich dieses Gedicht zum Schluss setze, möchte ich durch den Stellenwert eines Schlusswortes sie auch gewürdigt wissen. Dabei leihe ich das Wort einem Dichter aus der Türkei. Er heißt Serafettin Yildiz und lebt hier in unserer - seiner zweiten - Heimat Österreich. Gedichte zählen wohl zu den subtilsten Formen der Welt-Anschauung einer Kultur (Yildiz, 1986, S. 35) Es heißt:
Die lügenlose Welt der Kinder

„Die Hähne krähen überall gleich,
Die Nachtigallen singen überall die gleichen Lieder.
Auch bei den Kindern ist es so.
Ihre Welten sind lügenlos und bunt geschmückt...

Ayse hat schwarze Haare mit langen Zöpfen.
Heidi hat goldblonde Haare.
Sie spielen immer mit gleicher Freude.
Überall sind die Schulgärten gleich.
Einmal erzählt der Lehrer vom Paradies.
Dann fragt er:
‚Wer will von Euch ins Paradies?’
Alle heben die Hand.
Auch Heidi ...
Aber Aase wollte nach Hause.“





Literatur (auch weiterführend):


Martin Achrainer/Niko Hofinger: „Wir lebten wie sie, aber abseits von ihnen.“ Alltag und Ausgrenzung der Tiroler Juden bis 1938, in: Ansichtssachen....; a.a.O., 1996, S. 30 - 36 (1996 a).
Martin Achrainer/Niko Hofinger: Alltag und Ausgrenzung der Tiroler Juden bis 1938, Text zur Ausstellung „Innsbruck, ich muß Dich lassen... Jüdisches Alltagsleben in Innsbruck bis zur Vertreibung 1938“. Eine Ausstellung des Instituts für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck im „Utopia“ (Innsbruck) vom 11. bis 31. Jänner 1996 (Ausstellungsfolder: 6 Spalten, ohne Paginierung - veröffentl.; Ausstellungstexte in Schautafeln - nicht veröffentl.), Innsbruck, 1996 (1996 b).
Thomas Albrich: „Tirol den Tirolern“: Gefährliche Parolen und ihre Folgen, in: Präsent (Innsbruck) - Präsent-Magazin, Nr. 51/52 vom 18.12.1997, S. 21.
Ansichtssachen. 61 Gründe Innsbruck zu verlassen oder dazubleiben, herausgegeben von Michael Gaismair Gesellschaft, Almud Magis, Bernhard Nicolussi Castellan; Innsbruck, 1996 (Michael Gaismair-Gesellschaft)
Gianni Berengo Gardin/Gabriella Nessi Parlato: „Die Hutterer. Tiroler in Amerika“, Bozen, 1996 (Raetia-Verlag).
Wilhelm Braun: Sigmund der Münzreiche. Zur Geschichte Tirols und der habsburgischen Länder im Mittelalter, Bozen, 1987 (Athesia).
Defereggen. Eine Landschaft in Tirol. Gesehen von Heinz Kröll. Beschrieben von Gert Stemberger. Mit einem Beitrag von Maria Hornung, Wien, 1985 (Schendl) (darin: Protestantismus und Gegenreformation, S. 64 - 81).
Roman Demattia: Die Geschichte der Hutterer, in: Gerhard Mumelter: Die Hutterer, a.a.O., 1986, S. 50 - 73.
Die Geschichte der Juden in Tirol: Themenheft der Zeitschrift Sturzflüge (Bozen) V (1986), 15/16 (Mai August).
Stefan Dietrich: Leben und Leiden der Juden Tirols, in: Tiroler Tageszeitung. Wochenmagazin (Innsbruck) Nr. 151 vom 2./3. Juli 1994, S. IV.
Michael Forcher: Tirol. Historische Streiflichter, Wien, 1974 (Panorama).
Michael Forcher: Tirols Geschichte in Wort und Bild, Innsbruck, 1984 (Haymon).
Michael Forcher: s.a. Gretl Köfler/Michael Forcher: Die Frau in der Geschichte Tirols, a.a.O.
Esther Fritsch: Denkmal der Einkehr und Umkehr, in: Tiroler Schule (Innsbruck), CVII (1997), 4 (Dezember), S. 27 - 28.
Peter Fritsch: „Ermordet und vergessen“, in: Christian Smekal, Hartmann Hinterhuber, Ullrich Meise: Wider das Vergessen, a.a.O., 1997, S. 31 - 33.
Geschichte der Juden in Tirol, die: s. Die Geschichte der Juden in Tirol, a.a.O.
Peter Gstettner: Lernort Mauthausen?. Oder: Gelingt am Ort der Täter und Opfer die Rückholung des österreichischen Gedächtnisses?, in: Elke Renner/Josef Seiter/Johannes Zuber (Hg.): Erinnerungskultur..., a.a.O., 1997, S. 9 - 25.
Rudolf Harb, Thomas Köll, Franz Melichar, Irmgard Plattner: Quellen. Texte. Bilder zur Tiroler Geschichte (Herausgeber: Pädagogisches Institut Tirol), Wien, 1996 (Österr. Bundesverlag <ÖBV> Pädagogischer Verlag).
Nadine Hauer: „Ich bin mit Judenstein aufgewachsen!“. Die Geschichte vom „Anderl von Rinn“, in: Sturzflüge (Bozen) V (1986), Nr. 15/16 (Mai August ‘86), (Themenheft: Die Geschichte der Juden in Tirol) , S. 109 - 125.
Annemarie Haun: Die Zillertaler Inklinanten und ihre Ausweisung im Jahre 1837, Seminararbeit aus Pädagogischer Soziologie, eingereicht an der Pädagogischen Akademie der Diözese Innsbruck in Zams (1985) (unv., Typoskript).
Norbert Hölzl: Neue Heimat der Zillertaler, in: Tiroler Tageszeitung. Wochen-Magazin (Innsbruck), Nr. 148, 29. April 1995, S. VI - VII und S. XII (Fotobeila-ge „Galerie“: Vom Zillertal nach Chile).
Hermann Holzmann: Ynnsprugg ich muess dich lassen, Innsbruck, o.J. (1962) (Universitätsverlag Wagner)
Hermann Holzmann: Schuld und Sühne. Wie man in alter Zeit gestritten hat, in: Tiroler Bauernkalender 1967 (Innsbruck), 1966, S. 77-106.
.Judenstein. Das Ende einer Legende. Dokumentation, herausgegeben von der Diözese Innsbruck, Innsbruck, o.J. (1995).
Gretl Köfler: Die Verfolgung der Juden, in: Widerstand und Verfolgung in Tirol 1934 - 1945. Eine Dokumentation, Bd. 1, a.a.O., S. 420 - 482 (Dokumentenan-hang: 426 - 482) (1984 a).
Gretl Köfler: „Wir werden sehen, ob das Kreuz oder der siebenarmige Leuchter siegt!“ Antisemitismus in Nord- und Osttirol seit 1918, in: Sturzflüge (Bozen) V (1986), Nr. 15/16 (Mai August ‘86), (Themenheft: Die Geschichte der Juden in Tirol) , S. 89 - 95.
Gretl Köfler: Tirol und die Juden, in: Thomas Albrich/Klaus Eisterer/Rolf Steininger: Tirol und der Anschluß, a.a.O., S. 169 - 182 (1988 b)
Gretl Köfler: Die Juden in Tirol, in: Felix Mitterer: Kein schöner Land. Ein Theaterstück und sein historischer Hintergrund. Mit Beiträgen von Hans Thöni und Gretl Köfler, Innsbruck, 19922 (1987) (Haymon) (S. 119 - 134).
Gretl Köfler: Die Schrecken der „Reichskristallnacht“, in: Tiroler Tageszeitung (Innsbruck) vom 10. November 1993, S. 3.
Gretl Köfler, Michael Forcher: Die Frau in der Geschichte Tirols, Innsbruck, 1986 (Haymon).
Reinhard Kriechbaum: Vor Hitler war man auch in Shanghai nicht sicher, in: Kirche. Wochenzeitung der Diözese Innsbruck (Innsbruck), Nr. 31 vom 30. Juli 1995, S. 16.
Werner Kunzenmann: Das Ende einer Legende, in: Judenstein. Das Ende einer Legende. Dokumentation, a.a.O., o.J. (1995), S. 63 - 111.
Michael Langer: „‘Blutbegier’ge Judenhunde streichen durch dies fromme Land...’. Ritualmordwahn und Tiroler Volksfrömmigkeit“, in: Judenstein. Das Ende einer Legende. Dokumentation, a.a.O., o.J. (1995), S. 31 - 62.
Andreas Laun: Ehrfurcht vor dem Judentum. Tagung über „die Wurzeln des Antisemitismus im christlichen Bereich“, in: Kirchenzeitung (Wien), vom 9. November 1997, S. 17.
Lebendige Geschichte. Wanderausstellung.. Vergessene Opfer der NS Zeit: in: Kolloquium (Wien), Nr. 1 1999, S. 8-9 (ungez.)
Andreas Maislinger: Die Zeugen Jehovas (Ernste Bibelforscher), in: Widerstand und Verfolgung in Tirol 1934 - 1945. Eine Dokumentation, Bd. 2, a.a.O., 1984, S. 369 - 383 (Dokumentenanhang: S. 371 - 383) (1984).
Heinz Mayer: Antisemitismus in Tirol, in: Zentrum. Zeitung der Allgemeinen Zionisten Österreichs (Wien), Nr. 15 (Dezember) 1987 (S. 3).
Felix Mitterer: Kein schöner Land. Ein Theaterstück und sein historischer Hintergrund. Mit Beiträgen von Hans Thöni und Gretl Köfler), Innsbruck, 19922 (1987) (Haymon).
Gerhard Mumelter: Die Hutterer. Tiroler Täufergemeinden in Nordamerika. Mit Beiträgen von Roman Demattia, Michael Holzach und Gerd Staffler, Innsbruck, 1986 (Haymon Verlag in Zusammenarbeit mit der Südtiroler Kulturzeitschrift Arunda).
Józef Niewiadomski: Anderl von Rinn, in: Dialog. Christlich - jüdische Informationen (Wien), Nr. 16, September 1994, S. 6 - 9.
Gerald K. Nitsche (Hg.): Brücken. Ein interkulturelles Lesebuch 1. bis 4. Klasse Hauptschule und allgemeinbildende höhere Schule, Wien, 1995 (Österr. Bundesverlag <ÖBV> Pädagogischer Verlag).
Anton Pelinka: Die Tiroler und ihre Juden, in: Gaismair-Kalender 1982, Innsbruck, 1981 (S. 141 - 142).
Anton Pelinka: Antisemitismus in Tirol nach 1945, in: Informationen der Gesellschaft für Politische Aufklärung (Innsbruck) (Hg. Gesellschaft für Politische Aufklärung), Nr. 36, März 1993, S. 6 - 8.
Anton Pelinka: Christoph Probst, in: Informationen der Gesellschaft für Politische Aufklärung (Innsbruck) (Hg. Gesellschaft für Politische Aufklärung), Nr. 41, Juni 1994, S. 10 - 11.
Helga Peskoller: BergDenken. Kulturgeschichten der fremden Höhe, Habilitationsschrift, eingereicht an der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck, (1996) (unv., photomechan. vervielfältigt).
Hans Karl Peterlini: Kein Schalom im Herrgottswinkel. Juden in Tirol - Eine immer noch ungeliebte Minderheit, in: FF-Südtiroler Illustrierte (Bozen), Nr. 13/86 (29. März - 4. April 1986), S. 8 - 12.
Egon Pinzer: „Dem Juden traut kein wahrer Christ“. Historische Streiflichter zur Lage der Juden in Tirol, in: Sturzflüge (Bozen) V (1986), Nr. 15/16 (Mai/August ‘86) (Themenheft: Die Geschichte der Juden in Tirol) , S. 5 - 16.
Wolfgang Plat (Hg.): Voll Leben und voll Tod ist diese Erde. Bilder aus der Geschichte der Jüdischen Österreicher (1190 bis 1945), Wien, 1988 (Herold).
Wolfgang Plat: Die Ermordung Richard Bergers, in: Wolfgang Plat (Hg.): Voll Leben und voll Tod ist diese Erde, a.a.O., 1988, S. 266 - 271 (1988 a).
Wolfgang Plat: Ilse Brüll - Vergangen wie ein Rauch, in: Wolfgang Plat (Hg.): Voll Leben und voll Tod ist diese Erde, a.a.O., 1988, S. 272 - 273 (1988 b).
Helga Reichart: Das erschütternde Schicksal der Emerenzia Pichler, in: Präsent. Österreichische Wochenzeitung für Politik, Religion, Gesellschaft und Kultur (Innsbruck), XCVII, Nr. 31 vom 31. Juli 1997, S. 9 - 10.
Isabella Reifer: Türkische Migrantinnen und ihre Töchter im Spannungsfeld zwischen traditionellen Normen und Emanzipationsbestrebungen, Dissertation aus Erziehungswissenschaften, eingereicht an der Universität Innsbruck, (1991) (unv., photomechan. vervielfältigt; ausgez. mit dem Eduard-Wallnöfer-Preis).
Johann Reiter: Maßnahmen gegen Klöster und Orden, in: Widerstand und Verfolgung in Tirol 1934 - 1945. Eine Dokumentation, Bd. 2, a.a.O., 1984, S.284 - 325.
Johann Reiter: s. a. Helmut Tschol/Johann Reiter, a.a.O.
Elke Renner/Josef Seiter/Johannes Zuber (Hg.): Erinnerungskultur. Zur Rückholung des österreichischen Gedächtnisses (Schulheft Nr. 86-1997), Wien, 1997 (Verein der Förderer der Schulhefte).
Joachim Riedl: Das Anderl vom Judenstein, in: Die Zeit (Hamburg), Nr. 38, 13. September 1985, S. 74.
Josef Riedmann: Geschichte Tirols, Zweite, durchgesehene Auflage, Wien, 1988 (Verlag für Geschichte und Politik).
Wolfgang Schmidt/Reinhold Stecher/Karl Berg: Wunden schließen, nicht Gräben aufreißen!, in: Kirche (Wochenzeitung für das Bistum Innsbruck) vom 3. Mai 1987, S. 1.
Horst Schreiber: Schule in Tirol und Vorarlberg 1938 - 1948. (Innsbrucker Forschungen zur Zeitgeschichte, herausgegeben von Rolf Steininger, Institut für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck, Bd. 14), Innsbruck-Wien, 1996 (Studien-Verlag).
Georg R. Schroubek: Zur Frage der Historizität des Anderl von Rinn, in: Das Fenster. Tiroler Kulturzeitschrift (Innsbruck), XIX (1985), 38 (Herbst), S. 3766 - 3774.
Gad Hugo Sella: Die Juden Tirols, Tel Aviv, 1979 (Japhet Press).
Paul Spielmann: Innsbruck - St. Nikolaus in Vergangenheit und Gegenwart. Herausgegeben von der „Pfarrer-Eugen-Bischof-Stiftung“ aus Anlaß des 100-Jahr-Jubiläums der Stadtpfarrkirche St. Nikolaus, Innsbruck, 1986 (Thaurdruck-Giesriegl).
Spuren heute. Christlich jüdische Geschichte - Umgang mit Minderheiten: Folder zur gleichnamigen Veranstaltungsreihe des Hauses der Begegnung - in gemeinsamer Durchführung mit der Israelitischen Kultusgemeinde, dem Jüdisch-christlichen Komitee und der Initiative Minderheiten - unterstützt von Bischof Reinhold Stecher und der Gesellschaft für Politische Bildung (Innsbruck), (Hrsgg. vom Haus der Begegnung - Innsbruck), Innsbruck 1997.
Maria Luise Stainer: „Wir werden den Juden schon eintunken!“. Ein Beitrag zur Geschichte der Juden in Innsbruck, Vorarlbergs und des übrigen Tirol, in: Sturzflüge (Bozen) V (1986), Nr. 15/16 (Mai/August’86) (Themenheft: Die Geschichte der Juden in Tirol), S. 17 - 32.
Reinhold Stecher: „Denke an die Tage der Vergangenheit, lerne aus den Jahren der Geschichte!“, in: Das Fenster (Innsbruck), XXII (1988), 43 (Sommer), S. 4234 - 4239.
Reinhold Stecher: Geleitwort, in: Judenstein. Das Ende einer Legende. Dokumentation, a.a.O., o.J. (1995), S. 5 - 6.
Reinhold Stecher: Das Goldene Dachl spricht Worte zum Tag, in: Ansichtssachen..., a.a.O., 1996, S. 21 - 24.
Reinhold Stecher: Ein Gebet um Umkehr. Rede von Bischof Stecher zur Enthüllung des Mahnmals für die Opfer des Judenpogroms, in: Kirche. Wochenzeitung der Diözese Innsbruck (Innsbruck), Nr. 24 vom 15. Juni 1997, S. 16 (1997 a).
Federico Steinhaus: Niemals vergessen! Die jüdische Kultusgemeinde in Meran, in: Sturzflüge (Bozen), V (1986), 15/16 (Mai August), S. 161 - 162.
Manfred Steinlechner: Die Kernstock-Fraktion, in: Tiroler Tageszeitung (Innsbruck) vom 25. 6. 1997, S. 4.
Gert Stemberger: s. Defereggen. Eine Landschaft in Tirol..., a.a.O.
Leopold Steurer: „Undeutsch und jüdisch“. Streiflichter zum Antisemitismus in Tirol, in: Sturzflüge (Bozen) V (1986), Nr.15/16 (Mai/August’86) (Themen-heft: Die Geschichte der Juden in Tirol) , S. 41 - 62.
Michael Stöckl: Wege des Schicksals, in: Zillertaler Heimatstimme (Hg. Marktgemeinde Mayrhofen), L (1995), 45 (12. November), S. 8.
Peter Stöger: Eingegrenzt und Ausgegrenzt. Tirol und das Fremde. Ein pädagogisch-historisches Lesebuch zum Thema Fremde, Entfremdung und Fremdbestimmung unter besonderer Berücksichtigung der Auswanderung nach Lateinamerika und der Geschichte der jüdischen Mitbürger. Mit einem Vorwort von Bischof Reinhold Stecher, Frankfurt am Main-Berlin-Bern-New York-Paris-Wien, 3 2002 (Peter Lang - Europäischer Verlag der Wissenschaften).
Ingrid Strobl: Anna und das Anderle. Eine Recherche, Frankfurt am Main, 1995 (S. Fischer).
Erika Thurner: Minderheiten in Österreich. Schlaglichter auf das letzte Jahrhundert, in: Stimme (Wien - Innsbruck), Nr. 13/94 (1994), S. 5 - 6.
Hemut Tschol: Verfolgung und Widerstand der katholischen Kirche Tirols in den Jahren 1938 bis 1945, in: Das Fenster. Tiroler Kulturzeitschrift (Innsbruck), XIX (1985), 38 (Herbst), S. 3774 - 3779.
Helmut Tschol/Johann Reiter: Liste der verhafteten Priester und Ordensleute, in: Widerstand und Verfolgung in Tirol 1934 - 1945. Eine Dokumentation, Bd. 2, a.a.O., 1984, S. 332 - 350.
Voll Leben und voll Tod ist diese Erde, s. Wolfgang Plat (Hg.), a.a.O.
Serafettin Yildiz: Die lügenlose Welt der Kinder, in Serafettin Yildiz: „... und das Schöne findet keine Erde zum Keimen“, in: Entwicklungspolitische Nachrichten (EPN) (Wien), Nr. 1, 1986, S. 35.
Zeugen des Widerstandes. Eine Dokumentation über die Opfer des Nationalsozialismus in Nord-, Ost- und Südtirol von 1938 - 1945, bearbeitet von Dr. Johann Holzner, P. Anton Pinsker SJ, P. Johann Reiter SJ und Dr. Helmut Tschol, Innsbruck, 1977 (Tyrolia).


 



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