Leserbrief


„Neue Veröffentlichung der Vereinigungskirche“
von Ulrich Dehn

Materialdienst der EZW 12/02

Es soll im Folgenden lediglich auf den in diesem Artikel wiederholten Vorwurf der Waffenproduktion und des Waffenhandels eingegangen werden. Um es gleich vorweg zu nehmen: richtig ist, dass einige frühen Mitglieder der Kirche in Korea für ihren Lebensunterhalt in einem Geschäft arbeiteten, das unter anderem auch Luftgewehre verkaufte. Richtig ist ferner, dass die von Rev. Moon gegründete Firma Tongil Industries auch Waffenteile für die südkoreanische Armee herstellt. Dazu waren aus Gründen der nationalen Verteidigung alle Unternehmen der Schwerindustrie gesetzlich verpflichtet. Damit erschöpft sich dann auch schon das „militärische Engagement“ der Kirche. Alle anderen Unterstellungen, angefangen von Waffenhandel bis hin zum organisierten Söldnereinsatz in Lateinamerika und anderswo haben ihren Ursprung in Desinformationskampagnen kommunistischer Staaten, die heute ein Teil der Geschichte sind. Das ist weiter nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass kaum eine andere Kirche so deutlich Kritik an der kommunistischen Ideologie übte und darüber hinaus einen Gegenvorschlag hatte. –

Als Beispiel dafür soll das 1987 im Militärverlag der damaligen DDR erschienene Buch von Günter Koch mit dem Titel „Himmlische Soldaten – Die Legion des Sun Myung Moon“ (erhältlich im Antiquariat) genügen. Anhand der frei erfundenen Lebensgeschichte eines Wolfgang T. wird nicht nur behauptet, die Vereinigungskirche betreibe einen schwunghaften Waffenhandel. Vielmehr wird platt unterstellt, ihr einziger Zweck bestehe in der Rekrutierung junger Leute für den Söldnereinsatz unter Führung der CIA in Lateinamerika und anderen Staaten. Die „Himmlischen Soldaten“ (gemeint sind die Mitglieder der Vereinigungskirche) würden sich dort aktiv am Kampfesgeschehen beteiligen und sich auch bei der Ermordung von Frauen und Kindern beteiligen. Das Seminarzentrum Neumühle bei Camberg, so kann man in diesem Buch nachlesen, sei ein scharfbewachtes paramilitärisches Trainingslager mit nächtlichen Appellen und täglichen Übungen, wie man Handgranaten richtig werfe. Von dort, so der Text, werden die Rekruten zur weiteren militärischen Ausbildung in die Vereinigten Staaten geschickt, um dann schließlich an verschiedene Kampfeinheiten der Contras aufgeteilt zu werden. –

Nun könnte man das Ganze als leicht durchschaubare DDR Propaganda abtun, wären da nicht jene zwei evangelischen Geistlichen, die in dem Buch außergewöhnlich lobend erwähnt werden. Das sind zum einen der bereits verstorbene Weltanschauungsbeauftragte der ev. Landeskirche von Bayern, Pfarrer Friedrich-Wilhelm Haack, und der noch lebende Weltanschauungsbeauftragte der ev. Landeskirche Berlin-Brandenburg Pfarrer Thomas Gandow. Beide siedelten aus der ehemaligen DDR in die Bundesrepublik über, profilierten sich in der ev. Kirche als „Sektenexperten“, gründeten sogenannte Elterninitiativen, deren Vorsitz sie dann selbst übernahmen und bekämpften alle Formen der Religiosität außerhalb der Amtskirchen auf das heftigste. Thomas Gandow wird in dem Buch des Militärverlags als ein „aufgeschlossener Geistlicher“ bezeichnet. Höchst ungewöhnlich für eine DDR Propagandaschrift ist die Tatsache, dass sogar Pfarrer Gandows Konto Nr. 4457 78-104, Postscheckamt Westberlin, mit der Bitte um Spenden gleich mitveröffentlicht wurde. Bis auf den heutigen Tag wartet die Öffentlichkeit auf eine Erklärung dieser merkwürdigen Umstände.

Fritz Piepenburg

Herausgeber des Buches
„Blickpunkt Vereinigungskirche – Beiträge aus der Theologie, den Geisteswissenschaften und in eigener Sache“