Karikaturen
KOMMENTAR von Günther Ahmed RUSZNAK


Eigentlich sollte man diesen Bericht, welcher bewusst im „Nachhinein“ geschrieben wurde, zweispaltig anlegen. Links die Verfehlungen der „Bösen“, rechts die der „Guten“. Je nach Sichtweise, je nachdem aus welchem Lager der Schreiber kommt. Nur, wer sind wirklich die Guten, wer sind die Bösen? Und wieso die Verfehlungen der Guten? Lassen Sie mich den Knoten entwirren und die Sache auf den Punkt bringen: Verfehlungen (sanft ausgedrückt!) auf beiden Seiten, Gute und Böse ebenfalls auf beiden Seiten. Eine Kategorie muss aufgeteilt werden: Die Dummheit. Auf beide Seiten.

Und jetzt detaillieren wir und zwar einspaltig:

Die Karikaturen sind erschienen. Eine Provokation, eine Beleidigung. Provozierend dürfen Karikaturen im Allgemeinen sein, beleidigend sollten sie nicht sein. Eine Zeitung, welche von und durch die Provokation leben muss, ist eine schlechte Zeitung. Ganz eine schlechte, wenn es auf Kosten religiöser Gefühle anderer geht. Man unterscheidet Qualitätsblätter von minderwertigen Zeitungen und wer auf Qualität wert legt, wird nicht „Jyllands Posten“ lesen. Ignorieren wäre ein Weg gewesen. Vielleicht der bessere. Nachdenken wäre auch ein Weg gewesen. Wer kann „unseren“ Propheten denn schon beleidigen? Unwissende, infame, provozierende Auflagenverbesserer? Nicht doch, meine lieben muslimischen Glaubensgeschwister! Nicht doch!

Aber die Erregung war dann wohl doch zu hoch, der Zorn doch zu gewaltig. Die protestierenden Muslime werden von der dänischen Regierung ignoriert, ein Strafverfahren abgeschmettert. Also macht sich ein Imam mit den Karikaturen auf den Weg, nicht ohne vorher noch einiges an Diffamierendem dazuzupacken. Material welches gar nicht veröffentlicht worden war, nach der Devise: Wenn schon, denn schon! Als Moslem wollte/sollte ich über einen Imam wohl nichts Nachteiliges sagen. Hier aber solidarisch zu schweigen, wäre genauso unislamisch wie das Verhalten dieses Imams. Also machen wir es so schmerzlos wie möglich: Ein Dummkopf!

Der Aufschrei in der islamischen Welt war dennoch gewaltig. Brennende Fahnen, brennende Botschaften, Massenhysterie und ….. Tote. Damit führt sich auch meine vorhergegangene Einstufung des Mannes ad absurdum, weil viel zu milde.

Aber, geschehen ist geschehen. Ziehen wir ein Resümee: Die Provokateure haben erreicht was sie wollten. Mehr noch, ihre kühnsten Erwartungen wurden übertroffen. Damit meine ich jetzt nicht den Bekanntheitsgrad von dem dänischen Schmuddelblatt, meine nicht die erhöhten Auflagezahlen. Die Muslime haben sich wie erwartet (wie erwünscht) verhalten. Laut, gewalttätig, ungehobelt, widerwärtig. Von einigen Tausend wird auf einskommazwei Milliarden hochgerechnet. Haben sich genau in „das Eck’“ gestellt, wo man sie haben wollte. Das Feindbild ist wieder um ein Stückchen feindlicher geworden, die Klischeevorstellungen bestätigt.

Wer sind jetzt die Verlierer?
Eine Zeitung die in aller Munde ist? Nein! Die „Herrenmenschen“ welche sich bestätigt fühlen? Nein! Die Mitläufer, welche es eh schon immer gewusst haben? Nein!

Wer sind die Gewinner? Die Muslime, die es denen da gezeigt haben? Nein! Die, die da jeden Tag einen friedlichen und toleranten Islam propagieren? Nein! Die Toleranten, die Aufeinanderzugehenden, die Aufbauenden, die Vertrauensbildenden? Nein!

Legen wir dieses traurige Kapitel ad acta. Versuchen wir den Schuldigen zu verzeihen, auf beiden Seiten. Schlagen wir ein neues Kapitel auf, frei von Provokationen und Schuldzuweisungen. Frei von Überreaktionen. Der gnadenreiche Koran empfiehlt so oft das Denken, das Nachdenken. Andere „heilige“ Bücher werden da wohl nicht nachstehen. Glaub’ ich zumindest. Vertiefen wir uns in sie und wenn wir daraus unseren Blick wieder erheben, dann lasst uns vernünftiger, gescheiter und toleranter sein.

Und noch etwas, liebe Glaubensbrüder und Schwestern! Wenn ihr künftig keinen dänischen Streichkäse mehr auf euer Brot schmiert, sofern ihr das bisher schon getan habt, dann trefft ihr nicht die Karikaturenzeichner, nicht die Zeitungsherausgeber, nicht die dänische Regierung, sondern höchstwahrscheinlich den kleinen dänischen Landwirt, den Molkereiarbeiter, den Kraftfahrer, den Verpacker und, und, und. Hätte „unser“ Prophet das gewollt? Ich glaub’ nicht.
 
Günther Ahmed Rusznak
Generalsekretär
Islamisches Information- und
Dokumentationszentrum Österreich
rusznak@religionsfreiheit.at