23. Oktober 2000



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Der geprügelte Erzbischof


Kommentar von MANFRED PERTERER

Das hat es in der jüngeren Geschichte der Diözese Salzburg noch nicht gegeben: Der Erzbischof fährt in eine Pfarrgemeinde, feiert mit den Kirchenbesuchern die Sonntagsmesse und verkündet zum Schluss, dass er den heimischen Priester vorübergehend vom Amt enthoben habe.

Ein Sturm der Entrüstung bricht los, die Menschen schreien laut, sie buhen den Oberhirten aus, schimpfen mit ihm, verweigern die verordnete Lehrstunde in Sachen Ökumene und lassen den verdutzten Bischof einfach stehen.

So einsam wie am Sonntagvormittag in der Kirche von Salzburg-St. Paul war Georg Eder wohl noch nie in seiner Zeit als Erzbischof von Salzburg. Die Menschen wollten nicht mit ihm reden, seine aufgesetzt wirkenden Argumente nicht hören, seinen Reden von der Einheit und Brüderlichkeit keinen Glauben schenken. Sie verweigerten dem Chef der katholischen Kirche in Salzburg nicht nur Gehör, sondern auch Gehorsam. Und der von Eder ins Eck gestellte Pfarrer erklärte kurzerhand, er nehme die Suspendierung nicht an.

Der Erzbischof hatte die Lage wieder einmal völlig falsch eingeschätzt. Statt auf Entspannung, Zeitgewinn und Barmherzigkeit zu setzen, wollte er den starken Mann spielen. Als Richter zog er aus, als Geprügelter kehrte er zurück.

 


Für den Bischof zählt die Ordnung

BERNHARD STROBL

SN-24.10.2000 - Es gehört unbestritten zur Aufgabe des Bischofs, für Ordnung in seiner Kirche zu sorgen, Einhalt zu gebieten, wenn sich Missbrauch breit macht. Die Feier der Eucharistie ist ein Kern des religiösen Lebens der Kirche. Dafür gelten klare Regelungen. Wer diese missachtet, verstößt gegen das Kirchenrecht. Der muss gewärtig sein, zur Umkehr gerufen zu werden. Das Faktum, dass Erzbischof Georg Eder die Einhaltung kirchlicher Gebote einmahnt, ist nicht der Streitpunkt. Es ist bei Georg Eder immer wieder das Wie. Der Erzbischof agiert nicht mit Menschlichkeit und Gü-te, sondern mit Holzhammer und Härte. Trotz vieler einschlägiger Erfahrungen hat er es noch immer nicht gelernt, Ursache und Wirkung seiner Agitation in Relation zu stellen. Der Bogen reicht vom seinerzeitigen Schreibverbot für Familienseelsorger Bernhard Liss im "Rupertusblatt" über das Predigtverbot von Schwester Fidelis Steininger bei einer Maiandacht bis hin zur jüngsten Suspendierung des Pfarrers Peter Hausberger. Dabei zeigt sogar das Kirchenrecht menschliche Wege zur Problemlösung. Für Georg Eder gilt: Schaden tut der, der die Gesetze der Kirche missachtet. Schaden tut der, der christliche Lebensweisen, Nächstenliebe, Geschwisterlichkeit missachtet, finden andere.


Die Methodistenkirche

Die Methodistenkirche ist ursprünglich eine Erneuerungsbewegung innerhalb der anglikanischen Kirche. Der Name "Methodisten" war im 18. Jahrhundert in England eine spöttische und abfällige Bezeichnung für Christen, die ihren Glauben besonders ernst nahmen. Ihre Frömmigkeit hatte "Methode". Das Wort kommt aus dem Griechischen und meint zu Deutsch: "auf dem Weg sein". Die "Evangelischmethodistische Kirche" will in diesem Sinne eine Weggemeinschaft sein, eine Kirche auf dem Weg der Nachfolge Jesu.

Kirchengründer ist der anglikanische Geistliche John Wesley (1703-1791). 1784 wurden die Methodisten anerkannte Kirche in den USA, von da breiteten sie sich in alle Welt aus. Nach Österreich kamen sie 1870, die staatliche Anerkennung kam 1951. Volksdeutsche Flüchtlinge haben die Kirche nach dem Zweiten Weltkrieg in Salzburg gegründet. 1961 bauten die Methodisten in Salzburg das "Warfieldhaus", ein Altenwohnheim für russische Flüchtlinge, 1979 wurde das Seniorenwohnhaus "Warfieldhaus II" in der Neutorstraße 38 eröffnet. Die Salzburger Methodisten der "Lukas-Gemeinde" sind vor allem im Sozialbereich und in der Ökumene tätig. Die "Methodistenkirche" ist Mitglied des ökumenischen Arbeitskreises der Erzdiözese Salzburg und pflegt seit mehr als 20 Jahren intensive ökumenische Beziehungen zur Stadtpfarre St. Paul.


Der Bischof bleibt hart

SALZBURG (SN-25.10.2000)Der Vorstand des Pfarrgemeinderates von St. Paul erhielt Montag Abend einen spä-ten Besuch: Ordinariatskanzler Hansjörg Hofer. Der Personalreferent für den Klerus der Erzdiözese hatte eine heikle Post zu überbringen: den blauen Brief des Oberhirten für den geschassten Pfarrer Peter Hausberger. Die Runde von Laien und Seelsorgern beriet gerade die weitere Vorgangsweise rund um die Suspendierung des Pfarrers. Erzbischof Georg Eder hatte Hausberger wegen der gemeinsam mit dem methodistischen Pastor Markus Fellinger zelebrierten Eucharistiefeiern des Dienstes enthoben. Das Schreiben Eders untermauerte schriftlich, was der Oberhirte der Katholiken am Sonntag bei heftigsten Protesten der Pfarrgemeinde schon mündlich mitgeteilt hat. "Mit diesem offiziellen Dekret . . . suspendiere ich Sie ab sofort von allen Ihren priesterlichen Aufgaben." Die Gründe: "Ihr Vergehen bedeutet einen schweren Schlag für die Einheit der Gesamtkirche sowie gegen die Bemühungen um die wahre Ökumene. Erschwert wird Ihre Verfehlung auch besonders dadurch, dass Sie als Dechant Vertreter des Bischofs sind . . . Zudem haben Sie zugegeben, dass Sie die verbotene Interzelebration schon des Öfteren durchgeführt haben."

Die leise Hoffnung auf Rücknahme der Suspension wurde zunichte gemacht. Hausbergers Zusage, den Fehler nicht zu wiederholen, blieb ohne Reaktion.

Eine Abwendung der harten Strafe gelang nicht einmal den engsten Mitarbeitern des Erzbischofs bei der gestrigen Sitzung des Konsistoriums. Die lange Besprechung der Amtsleiter brachte keine Haltungsänderung beim gestrengen Hirten. Eine Erklärung berge aber die Hoffnung nach einer Lösung in sich, ohne die Rom befasst werden muss, sagte Seelsorgeamtsleiter Balthasar Sieberer nach der Sitzung den wartenden Journalisten. Hausberger hat den Rekurs eingeleitet, teilte dem Bischof aber die Bereitschaft mit, diesen zurückzuziehen, wenn die Suspendierung bis zum geplanten Gesprächstermin nächste Woche aufgehoben wird.


Inzwischen mehren sich die Solidaritätsbezeugungen für den Pfarrer, dem Vernehmen nach hat auch Erzbischof Georg Eder seine Beifallsbezeugungen. Der Pfarrgemeinderat von St. Paul solidarisierte sich mit Hausberger und verwies auf die lange ökumenische Tradition in der Gemeinde, der Priesterverein mit 140 Mitgliedern lädt für heute, Mittwoch, 19 Uhr, zu einem Wortgottesdienst nach Taxham ein, und in St. Paul selbst laufen die Telefone heiß. Aus ganz Österreich kommen Solidaritätsbezeugungen.


Turbulenzen in der Erzdiözese

Themen aus dem SN-Archiv:

1989 bestätigte der Bischof die Wahl von Franz Horner zum KA-Präsidenten nicht.

1990 drohte er dem Professor für Liturgie an der theologischen Fakultät, Franz Nikolasch, mit dem Entzug der Lehrbefugnis. Im gleichen Jahr verbot er Sr. Fidelis Steininger bei einer Maiandacht in der Kollegienkirche zu predigen.

1991 weigerte sich Georg Eder, den Priesterrat einzuberufen.

1992 verbot er Missionsbischof Erwin Kräutler, zum Auftakt der Hochschulwochen zu sprechen.

Ab 1993 gab es ein Hin und Her um die vom Erzbischof erwünschte Bestellung von Andreas Laun zum zweiten Weihbischof von Salzburg.

1995 wehrte er sich mit Kräften gegen das Kirchen-Volksbegehren und sprach von Spaltung.

1996 drohte er dem Pfarrer von Gneis, Heinrich Wagner, wegen Meinungsverschiedenheiten in der Pfarre mit der Versetzung.

1998 weigerte sich der Bischof, den Kindern in Salzburg-Parsch die Firmung zu erteilen, weil ihm am Vorabend beim Gemeindegottesdienst ein Gebet missfiel.