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Marathon für Menschenrechte
Wien,  2.10. 01
Bilder unter http://www.celebrity-centre.at/presse/

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Rede von
Günther Ahmed Rusznak
Schriftsteller, Sprecher der Trauner Moschee & Aktivist für religiöse Toleranz und Menschenrechte


Aufruf zur guten Tat

Meine sehr verehrten Damen und Herrn!
Liebe Freunde!

Als Sprecher einer Moschee in Traun, stehe ich hier für stellvertretend für viele Muslime in Österreich. Und ich muss ihnen sagen, es ist in diesen Tagen nicht leicht, diesen Glauben, glaubwürdig zu vertreten. Nicht das sie jetzt denken ich oder wir würden etwa zweifeln, nein ganz im Gegenteil, es ist nur so, dass eine Flut von Vorurteilen, Verleumdungen, Beschimpfungen und vielem mehr über uns hereingebrochen ist, so dass vielen schon die Lust für eine Öffentlichkeitsarbeit verloren gegangen ist.

Islam steht im Moment für Terror, Gewalt und Tod.

Doch ich kann ihnen sagen, Islam steht für Frieden, Toleranz und für das Leben. Für den Dialog mit den anderen.

Anderen Menschen, anderen Gruppierungen, und anderen Religionsgemeinschaften. Viele islamischen Stellen und Institutionen haben ihre Abscheu und ihre Distanzierung zu den unfassbaren Geschehnissen in Amerika bereits ausgesprochen. Und es soll noch viele, viele weitere Male ausgesprochen werden. Das ist nicht der Islam, das sind nicht Moslems, das sind nicht unsere Brüder, welche solche verabscheuungswürdige Taten vollbringen. Das sind Verbrecher, nichts als gemeine, hinterhältige Verbrecher. Lasst sie uns suchen, finden und verurteilen. Auf das strengste verurteilen. Sagt aber bitte nicht: Das waren Moslems, das ist der Islam.
Wir weinen mit den Hinterbliebenen, trauern um die Toten und verfluchen die Täter.

Und daher habe ich ihr Anliegen, gegen religiöse Intoleranz, antireligiöse Strömungen und antireligiöse Gesetzgebungen zu protestieren, nur allzu gerne zum Anlass genommen um hier mit ihnen zu sprechen, zu ihnen zu sprechen, ihnen beizustehen.

Das Tun, das Handeln ist es was von uns allen verlangt wird. Das gute Tun. Dann das richtige Tun. Das gute Handeln, das richtige Handeln.

Wer diese Botschaft nicht ernst nimmt, wird sich eines Tages in Bevormundung, Knechtschaft, Unfreiheit, in Diktatur wieder finden.

Es ist dann zu spät für Reue, meist auch zu spät für ein Aufbegehren. Wenn überhaupt die Kraft dann dafür noch vorhanden ist.

Die Entwicklungen in den verschiedensten Ländern lässt leider nichts Gutes erwarten. Religion wird als amputierter Teil der Gemeinschaft angesehen. Der Ersatz heißt Gesetzgebung, welcher die Amputation dann gleichzeitig bestätigt. Die so schlaue Menschheit zieht Ersatz dem Original vor. Und was passiert?
Drehen sie sich um, schauen sie; die Welt passiert, hier und heute.
 
Die Welt. Nicht die Liebe, nicht die Güte, nicht die Empfindsamkeit, nicht das Horchen auf den Auftrag, den wir alle erhalten haben. Christen, Juden, Moslems und alle anderen Religionen.
 
Wenn wir uns anstrengen, dann hören wir den Auftrag. Klar, unmissverständlich.

Und der Auftrag lautet wieder: tut, handelt.

Eben wieder das gute Tun und das gute Handeln.

Das Wort "Wichtig" prägt heute die Menschen.
Wir sind wichtig, unsere Arbeit ist wichtig, viele Dinge sind wichtig, unser ganzes Tun und Handeln ist wichtig. Wichtig, einfach wichtig!

Nichts dagegen einzuwenden.
Aber nur dann, wenn ebenfalls das Wort "Gut" angewendet werden kann.

Also:
Wir sind gut, unsere Arbeit ist gut, unser ganzes Tun und Handeln ist gut und so weiter..

Ein Ratschlag:
Versuchen sie, wo auch immer, für das erste einmal das Wort "Gut" einzubauen und das Wort "Wichtig" damit zu ersetzen.. Damit kommen sie sicher nicht überall an das gewünschte Ziel, doch werden sie, dort wo sie das Wort "gut" nicht verwenden können und dort wo es überhaupt nicht passt, sich sicherlich ihre Gedanken über das Warum machen müssen.

Versuchen sie es. Zum Thema "Handeln".
Wohlstand ist der Feind des Handelns.
Falsch!

Wohlstand ist der Feind des Handelns, wenn wir ihn, den Wohlstand, ausschließlich wichtig nehmen und in ihm nicht die Chance sehen Gutes zu tun.

Hier an dieser Stelle wird gehandelt, es wird etwas getan. Und das Wort "Gut" passt dazu. Erst dann soll es uns wichtig sein. In dieser Reihenfolge und nicht umgekehrt.

Läufer aus neun verschiedenen Ländern, starten aus fünf verschiedenen Städten, 8000 Kilometer Distanz für eine gute und wichtige Sache.

Menschenrechte und die untrennbar damit verbundene Religionsfreiheit.

Wenn die Freiheit und die Rechte stimmen, erst dann können wir auch unsere Pflichten als gut ansehen und ebenso als wichtig.

Glauben sie mir, ich weiß wovon ich rede. Hier, in diesem Land, hält man uns Moslems in erster Linie Pflichten vor die Nase. Irgendwo dann weit entfernt, werden auch Freiheiten und Rechte angekündigt. Doch wenn wir nach ihnen greifen, entzieht man sie uns wieder.

Ich bin der Sprecher einer Moschee. Einer Moschee welche vor nicht allzu langer Zeit, unter erbärmlichen Begründungen, amtlich zerstört wurde. Aber nicht nur der Bau ist damit zerstört worden, nein, viel, viel mehr. Und das liegt tief hier drinnen. Und jetzt nach der Schandtat in Amerika, nehmen wieder unbelehrbare Kreise diesen Vorfall zum Anlass, um auf uns hinzutreten, uns zu diffamieren, uns zu beleidigen.

Selbst die Katholische Kirche, bzw. ein Bischof dieser Kirche aus St. Pölten, nimmt sich so wichtig, das er die Beobachtung der Moslems in Österreich fordert. Er beleidigt unseren Propheten und unsere Schriften, und damit unseren Glauben auf das Verwerflichste. Er beleidigt uns, uns Muslime in einer Ungeheuerlichkeit und Überheblichkeit, welche vor dem Vorfall in Amerika nicht wirklich augenscheinlich waren.
 
Hier offenbart sich aber die tief im Inneren aufgestaute Aggression und Ablehnung gegenüber unserem Glauben. Nicht das Miteinander, sondern das frontale, Gegeneinander wird von einem wichtigen, keinem guten Mitglied dieser Kirche hier angestrebt. Lahme Entgegnungen seiner Kollegen schütten den Graben nicht mehr zu, den er da aufgerissen hat. Und das mit einer staatlich anerkannten Religionsgemeinschaft.

Aber das ist dann auch schon der nächste Satz, der mir sauer aufstößt. Staatlich anerkannt. Ja was den? Ja wie den? Der Staat erdreistet sich Religionsgemeinschaften anzuerkennen oder nicht. Das wollen wir einmal beleuchten. Gute oder schlechte Religionen oder Gemeinschaften? Wer bestimmt, wer entscheidet?

Die etablierten christlichen Religionsgemeinschaften nehmen sich mit staatlichem Sanktus, das Recht der Klassifizierung.

Als Vertreter einer (vom Staat und Großkirchen)als akzeptierbar eingestuften Religionsgemeinschaft, könnte mir dieses Vorgehen eigentlich egal sein. Doch wieder stelle ich mir sofort die Frage: Wäre das auch gut?

Nein und nochmals nein!

Doch wie schaut die Klassifizierung nun eigentlich aus.
 
Da sind einmal die etablierten und damit natürlich anerkannten Kirchengemeinschaften (12 in Österreich).
Weiters: Bekenntnisgemeinschaftengemeinschaften (9 in Österreich).

Und der Rest (über 600) fällt schon in die Einstufung: Sekte.
Lassen wir uns das Wort "Sekte" einmal erklären. Abspaltung von einer Hauptreligion lesen wir da kurz gefasst in der einschlägigen Literatur. Wie das Wort im allgemeinen Sprachgebrauch wirklich gehandelt wird, das wissen wir. Auch wissen wir wie diese sogenannten Sekten behandelt werden.

Das Parlament beschloss 1998, dass die Information über Sekten oder andere konfliktträchtige, religiöse bzw. weltanschauliche Gruppierungen als öffentliche Aufgabe anzusehen sei.

Daraus resultiert dann eine Bundesstelle für Sektenfragen, die sogenannte Sektenbeobachtungsstelle, Sektenbeauftragte, Sektenberatungsdienste und, und, und.

Man maßt sich also von staatlicher Seite her, die Beobachtung, Durchleuchtung, Beurteilung und Klassifizierung von religiösen Vereinigungen an.

Ist das Religionsfreiheit?

Nein Anmaßung und Arroganz, Überheblichkeit und Intoleranz!

Und hier schließt sich der Kreis.
Hier sehe ich, das Gutes geschieht. Daher bin ich auch bei ihnen. und unterstütze ihre Bestrebungen aus vollem Herzen. Handeln sie weiter gut, lassen sie sich nicht beirren. Unsere Wünsche und Gebete gelten ihrer guten Sache. Und genauso bitten wir um ihre Wünsche und Gebete für unsere Sache.

Dieser Marathon wurde als Antwort auf eine stetig und in beunruhigenden Maße anwachsende religiöse Intoleranz in Frankreich konzipiert. Meine Bitte und mein Appell an sie: Sobald sie in Frankreich ihre Arbeit getan haben, besinnen sie sich bitte meiner Worte und laufen sie so rasch wie möglich nach Österreich zurück. Auch hier gibt es jede Menge Arbeit.

Europa, ja die ganze Welt sollte voll mit Menschen sein, welche Gutes tun und gut handeln. Die Forderung nach Menschenrechten und Religionsfreiheit sollte eigentlich, da selbstverständlich, längst in der Mottenkiste der Geschichte verschwunden sein. Ist sie aber nicht. Eine Selbstverständlichkeit wird dieses, unser Anliegen scheinbar nie sein.

Daher wollen wir fordern, mit Nachdruck fordern, denn es sind gute und wichtige Forderungen, auf deren Erfüllung wir bestehen müssen.

Jetzt bleibt noch die Frage offen: "Soll ich ihnen jetzt einen wichtigen Tag, oder doch lieber einen guten Tag wünschen?"

Meine Entscheidung:
Ich wünsche ihnen einen guten Tag.
Ich danke ihnen.

Günther Ahmed Rusznak
rusznak@religionsfreiheit.at
Zur Veröffentlichung freigegeben


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